Ein sehr gutes Tribünengespräch und eine noch bessere Empfehlung bzgl. des Aufwachen Podcasts am Ende. Danke dafür!
Als ich den Titel gelesen habe, habe ich mich gefragt welche Perspektive wohl gemeint ist. Die vor Ort in Israel / Palästina oder die Folgen in Europa / Deutschland. Ich möchte fast sagen leider ist es primär zweiteres geworden, denn bei diesem Gedanken ist mir aufgefallen wie unfassbar wenig ich über Fußball in Palästina bzw. um den Nahostkonflikt überhaupt weiß.
Man bekommt hier und da mal mit wenn Sportler nicht gegen isrelische Gegner antreten weil dies untersagt ist oder evtl. auch zT weil Sie es persönlich nicht wollen, oder von Sportlern die nicht mit zu Wettbewerben / Trainingslagern etc. in arabische Staaten einreisen dürfen. Das sind aber lediglich Bezüge auf den Nahostkonflikt und weniger auf Palästina.
Und die gab es ja auch in diesen Fällen schon. Neben El-Ghazi und Mazraoui in der Bundesliga und dem Fall von Liel Abada bei Celtic, die angesprochen wurden, gab es auch noch den von Shon Weissman. Der Israeli, der bei Granada spielt wurde für Palästina-Feindliche Posts angezeigt und konnte aus Sicherheitsbedenken der spanischen Polizei nicht am Auswärtsspiel in Osasuna teilnehmen.
Nochmal anders ist die Lage dann in muslimischen Staaten. In der Süper Lig wurde lediglich den palästinenischen Opfern gedacht, sodass Ramzi Safuri und Sagiv Jehezkel, zwei Israelis die bei Antalyaspor spielen, bei diesem Spiel nicht im Stadion anwesend sein wollten.
Ganz nebenbei versuchen die vielen israelischen Spieler, die teilweise seit Wochen kein Pflichtspiel absolviert haben, sich für die EM 2024 zu qualifizieren. Jedoch auch hier ohne Heimspiele, sondern in Ungarn.
Beim ersten Spiel der Länderspielpause verlor man im Kosovo 1-0 und wurde dabei aus Sicherheitsgründen von Geheimdienstmitarbeitenden begleitet. Ausgepfiffen wurde die Hymne dennoch. Auf Grund der Unmöglichkeit der Austragung der Spiele im vorherigen Länderspielfenster, spielt Israel in den zwei Wochen nun insg. vier Länderspiele.
Über palästinensischen Fußball weiß ich eigentlich nur von einer Nationalmannschaft, die bisher international in Wettbewerben keine Rolle für mich spielte und von CD Palestino, einem chilenischen Erstligisten, der mal in der Copa Libertadores angetreten ist.
Also habe ich mal etwas recherchiert und als erstes dann tatsächlich auch einen Beitrag von COPA90 über den CD Palestino gefunden. Dank YouTube Algorythmus ging es direkt weiter zu einem Beitrag des SID: der allerdings wenig zusätzlichen Input liefert:
Anschließend habe ich mir mal die sportliche Lage der Nationalmannschaft angesehen. Diese versucht sich aktuell in Gruppe I der 2. Runde in der Asiatischen WM Qualifikation für ein Ticket 2026 zu qualifizieren.
Beim ersten Spiel konnte man gestern ein 0-0 Auswärts im Libanon holen. Theoretisch würde es nun mit einem Heimspiel gegen Australien am Dienstag weitergehen. Allerdings wird dieses aufgrund des aktuellen Kriegs nach Kuwait verlegt. Ein Weiterkommen in der Qualifikation, insb. in einer Gruppe mit Australien, wäre ein echtes Wunder.
In diesem Zusammenhang bin ich auf ein großes Problem des Fußballs in Palästina gestoßen: Die israelische Kontrolle über und innerhalb der Region. Denn durch die Trennung des Territoriums in Westjordanland und Gaza müssen zwei verschiedene Ligen organisiert weden. Dazu ist die Anreise von Spielern aus Gaza zu Länderspielen nicht immer möglich.
Doch auch innerhalb des Westjordanlands ergeben sich Probleme. Durch diverse militärische Checkpoints ist es nicht immer allen Spielern möglich zu Trainingseinheiten oder Spielen anzureisen, da hier Seitens israelischer Soldaten häufig „Sicherheitsbedenken“ bestehen. Um hier zu helfen wurde eine Nothotline geschaffen, bei der palästinensische Sportler anrufen können. Doch auch die Übernachtung direkt in den Trainingsstätten ist ein genutztes Mittel.
Der schweren Situation steht dann jedoch auch die palästinensische Sportdoktrin gegenüber, die auf 11Freunde mal zitiert wurde:
„Jede Aktivität, die der Normalisierung der sportlichen Beziehungen mit dem zionistischen Feind dient, ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“
Dies wird auch durch den Präsidenten des Fußballverbandes symbolisiert. Jibril Rajoub warf bereits als Jugendlicher eine Granate auf israelische Soldaten. Während seiner Haft organisierte er Proteste und Hungerstreiks. Nach seiner Freilassung beteiligte er sich 1987 an der ersten Intifada - und wurde erneut inhaftiert. Während der zweiten Intifada 2001 wurde sein Haus beschossen. 2013 sagte er wenn „wir“ Atomwaffen hätten, würden wir sie benutzen. Mittlerweile stellt er als Verbandspräsident Anträge auf Ausschluss des israelischen Verbands und biliigt die Benennung von Sportanlagen nach Selbstmordattentätern.
Doch den hass gibt es auch auf der anderen Seite, bspw. bei Beitar Jerusalem. Im Jahr 2003 stieg der FC Bnei Sachnin als zweiter arabischer Verein in die höchste israelische Liga auf. Ein Jahr später gewann er überraschend den Pokal. Der Kapitän, Abbas Suan, wurde in der Folge Nationalspieler, weigerte sich jedoch die Hymne mitzusingen, da diese ausschließlich das jüdische betont. Insb. bei Beitar Jerusalem war er in der Folge vielen Anfeindungen ausgesetzt. Beitar war immer ein Verein der politisch Rechten und besingt sich selbst als rassistischsten Verein des Landes.
Ich könnte noch mehr schreiben, aber kommt man immer bei zu vielen negativen Beispielen heraus. Die Konfliktlinie verläuft, wie nahezu überall, zwischen progressiven, konservativen oder gar radikalen Gruppen. In einem so lang dauernden Konflikt sind Zweitere und Dritte jedoch zu prägend.
Alle Informationen die ich hier genannt habe, die nicht in den Videos oder Artikeln zu finden sind, stammen übrigens aus „Machtspieler“ von Ronny Blaschke oder „The turbulent world of middle east soccer“ von James Dorsey. Beide Male eine dringende Kaufempfehlung von mir, wenn euch politische Hintergründe zum Fußball im Nahen Osten oder in Diktaturen interssieren.