Tribünengespräch 30 – Fußballfilme

Gemeinsam mit Ina Bargmann und Birger Schmidt habe ich auf die Fußballfilmgeschichte zurückgeschaut sowie die beiden zum 11mm Fußballfilmfestival in Berlin gefragt. Ich bin gespannt, wie euch die Folge gefallen hat!

Dem Festival könnt ihr hier auf Twitter folgen: @11mm

Der CRE unter den Fußball Podcasts! Vielen Dank, wieder wundervolle Gäste. Die meisten besprochenen Filme kannte ich noch nicht, viel zum nachholen würde ich sagen… :slight_smile:

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Ich bin noch nicht durch aber muss unbedingt die Großartigkeit dieses Tribünengesprächs unterstreichen. Über eine kulturelle Praktik eine andere zu beleuchten, zu erklaren, zu dechiffrieren ist einfach unglaublich spannend und lehrreich. Das liebe ich total.

Schade dass du Recht früh zuruckgezigen hast, als du die philosophische Schiene eingeschlagen hast. Genau darum geht es doch. Die muss immer im Hintergrund mitschwingen, ohne dabei die einzelnen Filme zu vergessen. Aber ausnahmslos jeder Film möchte eine Botschaft vermitteln.

Empfinde beide Gäste als sehr angenehme Gesprächspartner. Freue mich auf den Rest.

Eines noch: “Muss denn ein Spiel immer schön sein?” DANKE !!! Endlich sagts mal einer. Ein super Zitat, was auch perfekt in die letzte SK gepasst hätte :wink:

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Tolles Tribünengespräch. Mir hat nur mein Fußballfilm aus meiner Jugend gefehlt, oder zählt das nicht dazu? Ich rede von den Wilden Kerlen - gibts ja mittlerweile doch schon 6 Teile und soweit ich weiß, ist Fußball doch das Hauptthema oder?

Hab das Thema gelesen und dachte nur “Juhu”, die beiden wichtigsten Themen meines Leben vereint. Geile Sendung!

Als jemand der sich vor allem mit Spielfilmen beschäftigt, passiert das selten genug. Schön vor allem, dass nochmal ein paar Streifen empfohlen zu bekommen, dich ich nicht kannte.

Was mir ein bisschen kurz kam, ist die Frage, wie es denn genau um die Qualität von Fußballfilmen steht und vor allem von Fußballszenen in fiktiven Filmen. Den angesprochenen “Goal” habe ich noch nicht gehsehen (weil die Story auch echt “huuuii” klingt), aber sonst bekleckern sich die meisten Filme nicht gerade mit Ruhm, wenn es darum geht das Spiel selbst zu inszenieren.
Ich habe dazu ja eine These, die noch nicht mal direkt mit Fußball zu tun hat. Ich habe den Eindruck, dass es generell mit unseren Sehgewohnheiten schwer vereinbar ist einen dynamischen Mannschaftssport dramatisch zu inszenieren.
Ein kleiner Blick über den Teich um das zu verdeutlichen. Im amerikanischen Kino sind es vermehrt die Filme über Football oder Baseball, die ein großes Publikum erhalten und auch bei Kritikern Meriten verdienen. Basketball- oder Eishockeyfilme haben es eher schwer. Die dramatische Situation, das Aufeinandertreffen, der Wettbewerb sind in solchen Spielen viel schwerer herauszuarbeiten. Der Raum ist nicht klar strukturiert (vgl. Football), die Zeit läuft stetig solang das Spiel aktiv ist (vgl. Baseball) und zusätzlich sind viele handelnde Personen in direkter Interaktion beteiligt. Häufig behilft man sich mit Individualisierung und Zeitdehnung. Ein Akteur wird in einer isolierten Situation in Zeitlupe gezeigt. Die Entscheidungsfindung soll dramatisiert werden. In den anderen genannten Beispielen, wird oft eher die Handlung selbst dramatisiert. Die Entscheidung kann ja vorher in Ruhe besprochen werden, teilweise ist dann sogar die Diskrepanz zwischen Absprache und Handlung das dramatische Moment.
All das ist in dynamischen Sportarten (Fußball, Handball, Eishockey, Basketball, …) viel schwerer, vor allem wenn das Spielgerät noch in Bodennähe und relativ klein ist. Denn auch da muss der Zuschauer orientiert werden.
Lange Rede kurzer Sinn: Den meisten Fußballfilmen fehlt es leider an gelungenen Fußballszenen. Daher sind es meist die Filme, die den Fußball als Trope nehmen und weniger das Spiel inszenieren, die haften bleiben.

P.S.: Wie geil, dass “Fimpen der Knirps” zum besten Film gewählt wurde. Immer wenn es um Fußballfilme geht muss ich an den denken, obwohl ich ihn zuletzt mit 6 oder 8 Jahren bei einer Veranstaltung eines mit meinem Jugendvereins befreundeten Fußballvereins gesehen habe. Habe immer noch zwei Szenen im Kopf, sonst ist das alles ziemlicher blur! (Funfact: Als Vorfilm lief das Fußballspiel der Tiere aus der tollkühnen Hexe. Vermutlich in meiner Generation DER Fußballfilmklassiker schlechthin)

P.P.S.: Mein Favorit ist ja “Aus der tiefe des Raumes”! Absolute Empfehlung, auch wenn es eher um die BRD der frühen 60er geht und es natürlich auch eher ein Tipp-Kick- als ein Fußballfilm ist!

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Ein ganzes Tribünengespräch über Fußballfilme und nicht einmal fällt der Name Tsubasa Ozora :frowning:

Sehr interessante Standpunkte. Da würde mich tatsächlich eine Gegenüberstellung verschiedenen Sportfilme interessieren, wie die jeweilige Sportart inszeniert wird. Einzig bei dem Argument…

würde ich sagen - sofern du mit „Raum“ das Spielfeld meinst - dass auch beim Eishockey, Basketball, Fußball die Spielfelder klar strukturiert sind, oder wie meinst du das sonst?

Prinzipiell finde ich es aber von dir einen super interessanten Ansatz, diese Filme zu analysieren. Ob es für jede Sportart klare Tendenzen gibt, wie das Spiel inszeniert wird und inwiefern Regisseure und Drehbuchautoren versuchen, die Inszenierung des Spiels so realitätsnah oder (gewollt) realitätsfern umzusetzen.

Danke dir für den Anreiz!

Ne ich meinte schon den filmischen Raum. Beim Baseball und Football hast du eine klare räumliche Trennung von Pro- und Antagonist(en). Die anderen Sportarten sind da eben sehr fluide, du kannst jederzeit überall auf dem Spielfeld sein.
Achte mal in Footballspielszenen darauf, wie lange die Einstellungen in der Startaufstellung sind und was in diesen Momenten alles erzählt wird und wie kurz die Darstellung der Spielzüge selbst ist. (zumal dessen Endpunkt ja auch eine klare Trennung der Handlung zulässt.)

Ich habe vor 2 Jahren meine Facharbeit zum Thema “Fußball als Nebenschauplatz im Film” geschrieben und bin dabei auf ein schönes Zitat von Filmwissenschaftler Jan Distelmeyer gestoßen, das auch die von dir genannten Punkte unterstützt:
Weil Fußball also schwerer als etwa Boxen oder Baseball auf einen pittoresken, dramatischen Punkt oberhalb der Gürtellinie zu bringen ist, weil er sich als fließender Sport gewissermaßen der alles ausdrückenden Großaufnahme verweigert, wird er im Kino (wenn überhaupt) stärker noch als andere Sportarten zum Mittel zum Zweck.“
In Fußballfilmen ist fast nie eine Totale des ganzen Spielfelds zu sehen oder eine Einstellung, die dem normalen Fernsehbild einer Übertragung ähnelt. Dies liegt vor allem daran, dass das Spiel im Film kaum realistisch darzustellen ist. Zeigt man eine Totale müssen die Laufwege ohne Ball, das Pressingverhalten, etc. dargestellt werden, was nur schwer realitätsnah machbar ist. Sönke Wortmann, Regisseur des “Wunder von Bern” meinte einmal, dass die größte Herausforderung beim Film “Das Wunder von Bern” gewesen wäre, Schauspieler zu finden, die eine Ähnlichkeit zu den historischen Spielern hatten und gleichzeitig noch halbwegs ordentlich Fußball spielen konnten.
Ein großes Problem ist auch die Darstellung des Spielverlaufs. Ein Fußballspiel über 90 Minuten entwickelt eine immer sehr eigene Dynamik. Entscheidend sind dabei vor allem auch die Phasen der Ungewissheit sowie Phasen, in denen wenig passiert. Steht es in einem Champions-League-Finale 80 Minuten lang 0:0, ist die Spannung enorm hoch, auch wenn es wenig Chancen gab. In einem Film wäre dies schwer darzustellen. Die Spannung, die in einem “echten” Spiel über 80 Minuten erzeugt wird, kann nur schwer in wenigen Minuten im Film kreiert werden. Dementsprechend beschränken sich Fußballszenen im Film auch fast immer auf Torchancen (sowie teils Fouls, die auch eher einfach darzustellen sind). Bei Torchancen wird häufig versucht, eine große Dynamik aufzubauen. Während man in einer normalen Fußballübertragung fast durchgehend dieselbe Perspektive hat, wird im Film sehr viel geschnitten. Es finden sich sehr viel nahe Einstellungen von Ball/Fuß wieder sowie nahe Einstellungen des Gesichts des/der Protagonisten. Da das Spiel aus schon beschriebenen Gründen nicht ganz gezeigt werden kann, muss nach jedem Pass ein Schnitt erfolgen, was selbst ein total langsames Passspiel mit richtiger Kameraarbeit dynamisch aussehen lassen kann. Ein ruhiges Ballbesitzspiel einer Mannschaft ist im Film kaum darzustellen. Stattdessen sieht man häufig nur, wer mehr Torchancen hat.
Das Fußballspiel an sich nimmt in “Fußballfilmen” schon häufig nur eine kleine, nebensächliche Rolle ein, aber selbst während der Inszenierung eines Spiels gerät das Spiel teils in den Hintergrund. Es werden Nahaufnahmen von Trainern und Spielern gezeigt, bei denen vor allem deren Emotionen im Vordergrund stehen. Man soll mit der Person mitfiebern, nicht mit dem Sportler. Szenen im Spiel dienen derweil häufig auch dazu, die Spieler als Person zu charakterisieren (bestes Beispiel ist hier ein Spieler, der einen klar besser positionierten Mitspieler nicht anpasst). Des Weiteren werden selbst während des Spiels häufig andere Schwerpunkte gesetzt, so wird in “Das Wunder von Bern” zum Beispiel das Fritz-Walter-Wetter sehr offensichtlich in Szene gesetzt.
Fußballspiele unterstützen somit häufig nur die Handlung, treiben diese aber nur selten aktiv voran, sodass in Fußballfilmen der Schwerpunkt fast immer nur zu einem eher geringen Teil auf dem Fußball liegt. Ausnahmen bilden dabei natürlich Dokumentation.
Apropos, ich würde noch gerne “The Two Escobars” empfehlen, eine Dokumentation über Andres Escobar, der bei der WM 1994 ein Eigentor erzielte, das schlussendlich für das WM-Aus sorgte und der anschließend ermordet wurde. Das wird gleichzeitig in Zusammenhang gesetzt mit Pablo Escobar, der ja auch Kontakte in den Fußball und zur Nationalmannschaft hegte. Die Doku ist dabei sehr atmosphärisch und besteht zu 90% aus Interviews mit Verwandten und ehemaligen Mitspielern Escobars. Diese Interviews sind zumeist auf Spanisch und mit englischen Untertiteln versehen, der restliche Film läuft ebenfalls in Englisch. Das mag zu Beginn etwas anspruchsvoll beim Zuschauen sein, sorgt aber für ein sehr besonderes Feeling.

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Mir ist natürlich klar, dass nicht alle Films erwähnt werden können, aber ich bin doch etwas verwundert, dass der Dokumentarfilm Nossa Chape (Unser Team) nicht in der Liste auftaucht. Dieser Film macht eine unfassbar bewegende Darstellung, wie ein Fußballteam die ganze Stadt bewegt, zu Beginn mit Euphorie und dann mit der Tragik des Flugzeugabsturzes. Also wenn ihr mal wieder weinen wollt, schaut euch das an.

Ist der Film noch sehr unbekannt? Daran, dass die brasilianischen Filme unter dem Radar fliegen, kann es ja nicht liegen, schließlich werden ja zwei davon erwähnt. Und bei O Ano em que Meus Pais Saíram de Férias ist der Fußball ja sogar nur absolute Nebensache.

Passend dazu stimme ich @wechselgeruecht zu (Tribünengespräch 30 – Fußballfilme), dass die Analayse, wie genau Fußballspiel dargestellt wird, etwas zu kurz kommt.

Vielleicht, weil er so neu und Auftaktfilm beim Festival war. Es ging ja darum, „Meilensteine“ abzuklappern und da ist es bei neueren natürlich schwieriger als im Rückblick.

Gut, dann ergeben sich aus den hier gemachten Feststellungen in meinen Augen einige interessante Fragen:

  • Wie kann Fußball adäquater im Film dargestellt werden oder was wurde schon versucht was nicht? (Ich denke da so an Bild im Bild, Splitscreens oder das Gegenteil in Richtung Dogma artige Inszenierungen.)
  • Welche Tropen sind es die speziell nur im Fußballfilm zu finden sind? oder Wie unterscheidet sich der Fußballfilm in seinen Inhalten vom Sportfilm generell?
  • Was kann Fußball in einer dramatischen Erzählung über die Thematisierung von Wettbewerb hinaus leisten?

Vielleicht interessiert es ja die eine oder den anderen und eine Diskussion entsteht. Ich hätte da freude dran. (Muss das dann ins Geplauder, oder passt das in diesen Thread?)