Erst gestern habe ich es geschafft, das aktuelle Tribünengespräch anzuhören, wollte das unbedingt in Ruhe machen.
Vielen Dank allen Beteiligten, tolle Sendung!
Leider habe ich jetzt eine gravierende Muskelverspannung, 3 Stunden Kopfnicken hinterlassen Spuren.
Ich würde hier gerne noch etwas aus Elternsicht beitragen.
Mein Sohn ist quasi den ähnlichen Weg gegangen. Beim Heimatverein gesichtet und zum DFB Stützpunkt eingeladen, dessen Training auf dem Gelände des FC Heidenheim stattfand.
Das NLZ gab es dort zu diesem Zeitpunkt noch nicht, 2. Bundesliga schon. Es befand sich im Aufbau, da die DFL es ja zur Auflage gemacht hatte.
Der FCH hat natürlich dort gescoutet. Bei jedem Stützpunkttraining waren Jugendtrainer der beiden 2. Liga-Vereine, Aalen und HDH, anwesend. (Ja, der VFR Aalen war zu diesem Zeitpunkt noch zweitklassig
).
Dies war auch einer der Gründe, warum die regionalen kleineren Vereine, nicht sonderlich begeistert waren, wenn einer ihrer Spieler zum Stützpunkt berufen wurde. Auch mein Sohn wechselte zum FCH.
Zu diesem Zeitpunkt war Tim Skarke (jetzt Schalke), ein Jahr zuvor, den gleichen Weg gegangen.
Das Stützpunkttraining und die dazugehörigen Turniere absolvierten sie gemeinsam, in der FCH Jugend trennte sie ein Jahr.
Tim war bereits in der D-Jugend, der talentierteste Spieler am Stützpunkt und in der FCH Jugend.
Zu diesem Zeitpunkt besuchte mein Sohn ein Ganztagsgymnasium im G8 Zug. Das Haus verließ er um 6:45, um mit der Bahn zunächst in das 25 km entfernte HDH und dort dann mit dem Bus zur Schule zufahren. Schulbeginn war 7:50 Uhr. Ende nicht vor 16:00 Uhr.
Vereinstraining war 3x und Stützpunkttraining 1x die Woche.
Nach Trainingsende kam dann die Heimfahrt, zu Hause waren wir nicht vor 20:30 Uhr – 21:00 Uhr.
Natürlich versuchten wir Fahrgemeinschaften zu bilden, was aber nicht so ohne Weiteres möglich war, da die Jungs teilweise aus ganz entgegengesetzten Orten kamen.
Den Stützpunktspielern wurde zwar die Wahl gelassen, ein Vereinstraining ausfallen zu lassen, aber dafür entschied sich selten einer der Jungs, die Angst, am Wochenende nicht in der Stammelf zu sein, war schon bei den Kindern groß.
An den Wochenenden waren Spiele und Turniere für Verein und Stützpunkt. Dazu kam der Dienst als Balljunge bei Heimspielen. Der war sehr begehrt, also war man oft an 5–6 Tagen für den Fußball unterwegs.
In der Regel lief das so ab, dass ich meinen Sohn mit Trainingstasche und Verpflegung von der Schule abgeholt und zum Trainingsgelände gebracht habe. Bereits mit Trainingstasche zur Schule zu fahren, war ein ziemlicher Act, denn der Pendlerzug inkl. anschließender Busfahrt war immer maximal überfüllt,
Zudem musste er ja noch von der Schule zum Trainingsgelände kommen, mit öffentlichen Mitteln in der Zeit nicht zu erreichen.
Die Trainingszeit habe ich dann mit anderen Eltern je nach Wetterlage vor Ort, oder in einem Café verbracht.
Aufgrund der Entfernungen war das gar nicht anders möglich.
Das musst Du Dir alles echt leisten können, die Ausrüstung, die vielen Fahrten, genauso die Zeit, die Du da auf der Straße und auf den Plätzen lässt. Ich war damals schon selbstständig, nur deshalb ging das überhaupt.
Warum macht man das? Dein Kind liebt nichts so sehr wie den Fußball, ist talentiert, ehrgeizig und am glücklichsten mit Ball am Fuß.
Also rutschst Du da erst mal so rein. Du möchtest ihm das ermöglichen, ihn unterstützen und hast die Möglichkeiten dazu. Das ist in erster Linie ein absolutes Privileg.
Dazu kam meine eigene Fußballleidenschaft, das erleichtert das natürlich ungemein, ohne eigenen Spaß wird es echt schwer.
Wir haben das 5 Jahre durchgezogen.
Im Laufe der Jahre änderten sich die Einstellungen. Während für Tim Skarke nie etwas anderes in Betracht kam, als Profi zu werden, konnte sich mein Sohn nicht vorstellen, diesen Versuch zu unternehmen.
Die Oberstufe G8 stand an und wenn er auch bis dahin gut durch die Schule kam, war klar, jetzt musste mehr Zeit für diese investiert werden.
Für ihn war das nicht vorstellbar.
Zudem konnte er sich auch realistisch einschätzen. Er sah sich als einer von vielen.
Die Chance tatsächlich als Profi Fuß zu fassen, stand für ihn nicht in der Relation zum Aufwand, den er hätte betreiben müssen.
Also verließ er den FCH und ging zurück zu seinem Heimatverein, wo er noch bis zum Abitur spielte. Mittlerweile hat er, im Gegensatz zu seiner Mutter
, mit Fußball gar nichts mehr am Hut. Also alles richtig gemacht.
Von den Jungs, die ich in diesen 5 Jahren kennengelernt / erlebt habe, ist Tim Skarke tatsächlich der Einzige, der im Profibereich ankam. Und es waren viele. Es gab ein paar Väter, die mit ihren Söhnen nach Stuttgart und Nürnberg gefahren sind, um sie dort in den Jugendmannschaften vorspielen zu lassen. Das war schon echt grenzwertig und für mich nicht vorstellbar. Nach der A Jugend war aber bei allen Schluss.
Andere, die nicht am Stützpunkt waren, aber nicht minder begabt als unsere, kamen bis zur Oberliga. Da waren einige wirklich sehr talentiert, doch im ländlichen Raum war das mit der Sichtung tatsächlich Glücksache und die, deren Eltern die Möglichkeit zur aufwendigen Unterstützung nicht hatten, waren ohnehin raus.
Mittlerweile hat sich sicher einiges verändert. Auch Heidenheim hat ein NLZ mit angeschlossenem Internat und das sogenannte Eliteschule-Programm.
Es gibt einen Fahrdienst, der die Jungs von der Schule abholt. Trotzdem ist das schon ein ganz harter Weg, der da bereits in sehr jungen Jahren zurückgelegt werden muss. Im ländlichen Raum noch einmal eine Nummer härter, einfach aufgrund der Infrastruktur und der Einzugsbereiche.
Missen möchten wir beide diese Zeit nicht. Du erlebst natürlich einiges und mein Sohn hat sehr viel für sein Leben mitgenommen, von dem er noch immer profitiert.
Wichtig aber ist, immer genau im Blick zu haben, dass keine Grenze überschritten wird und die Kinder keinen Schaden nehmen und das ist gar nicht so leicht.