Werder Bremen (m)

Wenn ich privat miserabel wirtschafte und mich damit in eine finanzielle Situation bringe, in der ich gezwungen bin, eine Umschuldung vorzunehmen und ich eine Bank finde, die diese Umschuldung zu sehr guten Konditionen mitträgt, sind diese Konditionen unter Umständen vielleicht sehr gut verhandelt, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass ich mich selbst erst in diese Situation gebracht habe.

Was einige vergessen, die diesen Deal jetzt abfeiern oder sich in die eigene Tasche lügen, ist die Tatsache das es Werder vor gerade einmal 5-6 Jahren finanziell relativ gesund dastand und in der Lage war einen Davy Klaassen für 13,5 Millionen zu verpflichten.

Auch die Tatsache, dass Frank Baumann einer der Käufer dieser Anteile ist, kann man zwar grundsätzlich begrüßen. Böse Zungen könnten aber auch anführen, dass derjenige, der maßgeblich an dem sportlichen und finanziellen Abstieg beteiligt war, jetzt derjenige ist, der Eigentum an genau diesem Verein zu einem sehr attraktiven Kurs erworben hat.

Und natürlich hat der Verein auch eine sehr pfiffige Idee, wie er das neue Geld einsetzen möchte: junge, entwicklungsfähige Spieler verpflichten, diese aufbauen und teurer verkaufen.

Louis de Funès würde sagen: „Nein, doch, ohh.“

Was für eine innovative und vor allem wasserdichte Idee! Eine Idee, die wahrscheinlich 4/5 aller Profivereine in Europa verfolgen. In einer höchst kompetitiven und höchst defizitären Branche wie dem Fußball.

Diejenigen also, die in der Vergangenheit nachweislich nicht mit Geld umgehen konnten und eine extrem schlechte Performance auf dem Transfermarkt hingelegt haben, sollen jetzt die Kohlen aus dem Feuer holen. Einzige Veränderung die mir ein bisschen Hoffnung macht: der Rückzug von Frank Baumann als Hauptverantwortlicher für kommende Transfers und die Präsenz von Johannes Jahns als Kaderplaner.

Ich wünsche meinem Verein (bin Mitglied), viel Glück dabei, denn klar, es gibt eine prozentuale Wahrscheinlichkeit, dass alles aufgeht. Es gibt aber auch eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass wir uns nach 1-3 schlechten Transferphasen und unglücklichen Verläufen in der Liga, im Abstiegskampf wiederfinden oder sogar absteigen. In diesem Fall stehen wir nicht besser da als heute, nur mit dem Unterschied, dass uns nicht einmal mehr 100% unseres eigenen Vereins (bzw. der KG aA) gehören.

Die philosophische Frage, mit welchem Recht, die derzeitige Geschäfts- und Vereinsführung sich herausnimmt, ihren zukünftigen Nahfolgern in 10, 20 oder 50 Jahren, so eine Bürde aufzuerlegen, lasse ich mal an dieser Stelle außen vor.

Ich bin weit davon entfernt, Frank Baumanns Leistung als Sportdirektor zu verherrlichen, insbesondere was das zu lange festhalten an Florian Kohfeldt und die Verpflichtung von Markus Anfang angeht und es gab einige Transfers, die rückblickend definitiv kritisch zu sehen sind (mir fallen da die 7 Millionen für Bittencourt oder kleinere Millionenbeträge für Spieler wie Robert Bauer oder Falou Diagne ein oder auch die Rückholaktion von Martin Harnik). Aber „extrem schlechte Performance auf dem Transfermarkt“ halte ich für komplett abstrus.

Ich hab mir gerade nochmal die Transfers der Baumann-Zeit angeguckt und da stehen u.a. massig Verkäufe mit dicken Millionengewinnen (Delaney, Gnabry, Gruev, Sargent, Füllkrug, Vestergaard, Ujah), zahlreiche Spieler die eine gewisse Zeit bei Werder gespielt haben und dann mit grob plus minus null verkauft wurden (Namen wie Klaassen, Augustinsson, Kainz oder Gondorf) und quasi keine richtig dicken „Millionenflops“. Ein Pavlenka, der hier jahrelang ein sehr guter Stammtorhüter war und das jahrelange Hickhack um die Wiese-Nachfolge beendet hat, wurde für 3 Millionen Euro aus Tschechien geholt, sein Nachfolger Zetterer für 100.000 €.

Die Startelf vom Wochenende hat zusammengerechnet (Grundlage Transfermarkt) ca.10,5 Millionen Euro an Ablöse gekostet, darunter mit Stark, Jung Weiser und (mit Abstrichen Agu) vier ablösefreie Stammspieler. Mit Ducksch (der in zweieinhalb Jahren mal eben eine mittlere zweistellige Anzahl Scorer angehäuft hat) für eines der beiden Eigengewächse im Sturm wären es dann vierzehneinhalb gewesen. Man kann Frank Baumann sicher vieles vorwerfen und auch sportlich über die Kaderzusammenstellung der letzten Jahre diskutieren (ich war da auch oft sehr unzufrieden), aber Geld verbrennen und eine „katastrophale“ Transferbilanz gehören sicher nicht dazu. Die finanzielle Situation Werders allein auf Baumann schieben zu wollen und dabei Corona, den Standort Bremen und den Stadionkredit zu ignorieren, ist komplett verkürzt und abwegig.

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Das Problem wird bleiben: Wer außer Ehrenspielführer Fritz wird neuer Sportgeschäftsführer und folgt auf Ehrenspielführer Baumann?

Neuestes Gerücht, unter anderem nach Informationen des Kickers ist Andreas Schicker von Sturm Graz:

Ich hatte schon mal in einen Spieltagsthread geschrieben, dass Senne Lynen für mich aktuell der absolute unsung hero bei Werder ist und ich vom Gefühl her bei Werder keinen Spieler mit einem solchen Defensiven Raumgefühl mehr seit Frank Baumann gesehen habe, aber weil ich mir gerade nochmal die Daten angeguckt habe, packe ich es hier auch nochmal rein: Lynen gehört im Vergleich der Mittelfeldspieler in dieser Saison je 90 Minuten laut fbref zu:

  • den besten 1% bei geblockten Pässen
  • den besten 4% bei Clearences
  • den besten 4% bei den abgefangen Bällen
  • den besten 4% der im defensiven Drittel gewonnenen Zweikämpfe
  • den besten 2% wenn man Ballgewinne aus abgefangenen Bällen und gewonnenen Zweikämpfen kombiniert
  • den besten 7% bezogen auf den Ballbesitz, gleichzeitig den besten 5% bei der Ballbehauptung
  • den besten 5% bei den Assists

Seine Stichprobe an langen Spielen ist immer noch relativ klein und vielleicht ist das gerade nur eine Hochphase, aber was bei ihm immer wieder an Spielübersicht (defensiv wie offensiv) zu erkennen ist, macht mir einfach extrem viel Spaß und ich vermute hier sehr deutlich einen wichtigen Baustein für Werders Steigerung in den letzten Wochen.

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Wie von vielen schon erwartet: Clemens Fritz wird der neue „Geschäftsführer Fußball“ und damit der Nachfolger von Frank Baumann!

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Das ist aber viel Text um zu sagen: „Jeden den wir gefragt haben, hat nein gesagt, nur Clemens nicht!“

Jaja ich weiß… geh ja schon auf die stille Treppe :wink:

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Sie haben sie gefragt, ob sie Ehrenspielführer bei einem Bundesliga-Club aus der Nordseeregion sind, und dann war ja nur Clemens übrig. Kann man nichts machen.

Irgendwie habe ich Zweifel, dass das die Frage war :grin:
Gab ja diverse „Gerüchte“ zu möglichen Kandidaten und Anfragen und zumindest bei Schicker war es wohl mehr als ein Gerücht, so wie er sich um Antworten dahingehend gedrückt hat.

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Ich weiß auch nicht so Recht. Andererseits hat er ja die letzten Jahre schon mitgearbeitet und im Moment geht es dem Verein ja nicht so schlecht. Bin gespannt.

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Aber Baumann wollte ja Platz für einen frischen Wind machen und jetzt ist er Investor und sein Handlanger ist sein Nachfolger. Klingt nicht nach frischem Wind.

Genau! Das lässt mich ja zweifeln :upside_down_face:

Baumann ist kein Investor sondern strategischer Partner oder anders ausgedrückt er gibt als private Person Werder Geld ohne dafür eine Rendite o.ä. zu erhalten. Wie übrigens alles anderen aus der Gruppe auch.

Zu seiner Nachfolge… Es gab ja nicht nur Gerüchte um Gespräche sondern z.B. Per Mertesacker hat diese ja auch bestätigt, Schickers Verhalten lässt ebenso darauf schließen, dass es mehr als nur eine Anfrage gab. Es gab auch noch eine weitere Bestätigung zu Gesprächen aber da fällt mir der Name gerade nicht.
Clemens Fritz war vermutlich nicht die erste Wahl. Aber was willst du machen, wenn man sich eine Absage nach der anderen einhandelt?
Und sind wir doch mal ehrlich. Niemand von uns kann beurteilen welchen Anteil Clemens Fritz an den letzten Jahren hatte. Wir können auf die Ergebnisse schauen und versuchen daraus Schlüsse zu ziehen. Die häufig allerdings eher geraten sind :wink:

Merkwürdig finde ich in dem Zusammenhang immer wieder, dass bei Werder viele es als negativ einschätzen wenn Personen mit Werder-Vergangenheit einen Posten übernehmen, während es bei anderen Vereinen als positiv gewertet wird. Im Moment ist das dann noch merkwürdiger, wenn man sich anschaut das viele Posten bei Werder in den letzten Jahren mit externen besetzt wurden.

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Ich sage nur BVB mit den neuen Co-Trainern :unamused:

Mein Eindruck war, dass dieses Gefühlte „im Eigenen Saft“ liegen , nur Leute mit Werder-Vergangenheit einzustellen ohne mal Ratschläge von extern anzunehmen, mit einer der Gründe für den Abstieg war. Das viel zu lange Festhalten an Kohfeld oder die vorherige Beshäftigung von Skripnik. Ob das jetzt bei Bremen gefühlt mehr kritischer Betrachtet wird als woanders kann ich nicht beurteilen.

Bei all der Kritik an der Besetzung sollte auch die Rolle von Kaderplaner Johannes Jahns beachtet werden. Er ist zwar gebürtiger Bremer, kam im Sommer aber nach über zehn Jahren bei Red Bull Salzburg zu Werder. In zweiter Reihe hat Werder sich vor einem Jahr also durchaus Expertise von Außen geholt und es ist nicht so, als würde man immer nur eigene Leute befördern.

Vielleicht kam man dann auch zu dem Schluss: Die Kombination aus Jahns (extern) und Fritz (intern) ist das Beste für die kommende Zeit des Clubs und aktuell braucht man keinen weiteren Verantwortlichen von Außen.

Fraglich ist des Weiteren noch, wer der Nachfolger von Clemens Fritz wird. Rückt Johannes Jahns auf? Wer würde dann ihn ersetzen? In beiden Fällen könnte es natürlich dann einen externen Zugang geben.

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In anderen Worten: „Investor“

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In anderen Worten: „Investor“

Siehst du die strategischen Partner bei deiner Eintracht auch so kritisch oder nur, weil das jetzt bei einem Konkurrenten passiert?

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Nein, aber wir sind auch eine AG, da heißen Anteilseigner Aktionäre, aber ist ja auch nichts anderes als Investor. Man muss jetzt nicht so tun als wäre Investor eine Beleidigung. Strategischer Partner, alles dasselbe. Es geht mir bei der Aussage eher darum, dass er weiterhin ein wichtiges Wort im Verein behalten wird, und das widerspricht frischem Wind.

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Werder ist auch eine GmbH & Co KGaA, also auf Aktien.

AG und Gmbh % Co KGaA sind ja zwei unterschiedliche Formen der Gesellschaft. Hertha ist auch eine KGaA und niemand würde Windhorst nicht als Investor betrachten. Wie gesagt, gegen das Modell an sich habe ich wenig, aber ich halte es einfach als Widerspruch wenn er sagt, er will sich raushalten, wird aber für einen wichtigen Teil des Aufsichtsrats, nämlich jener der für die Gruppe spricht, immer erste sportliche Anlaufstelle sein.

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