Zu BVB-KOE:
Ich hatte während des Spiels eine etwas andere Wahrnehmung. Die Statik des Dortmunder Angriffsspiels ist ja schon anders als in der letzten Saison.
Die AVs stehen im Vergleich zur letzten Saison deutlich höher, dafür steht Can (und später Sabitzer) als echter 6er deutlich tiefer als Bellingham. Der 8er spielt eher in den Lücken der gegnerischen Mittelfeldkette als zwischen den Abwehrketten wie in der letzten Saison. Trotz relativ vieler „unforced errors“ im Dortmunder Angriff, konnte Köln dadurch nicht schnell durch die Mitte kontern sondern wurde nach Außen abgelenkt, wo ja durch die hohen AVs mehr Platz war. Das führte zwar dazu, dass selbst sehr laufstarke Spieler wie Bensebaini und Ryerson nicht volle 90 Minuten absolvieren konnten, weil diese dann jeweils die verzögerten Konter der Kölner einholen mussten. Insgesamt gefällt mir diese Absicherung aber besser als letztes Jahr. Mit weniger Fehlern und mehr Eingespieltheit im Offensivspiel müssen die AVs auch weniger häufig zurück sprinten.
Offensiv sollte man sich mit Hilfe der hohen AVs auf den Seiten Räume erarbeiten. Falls eine Seite von der Defensive dicht gemacht wird, soll schnell über die IVs oder 6er auf den andern AV verlagert werden mit der Option Steckpässe in die letzte Linie zu spielen (Chance Brandt, Tor Moukoko im Pokal). Wie man heute gesehen hat, kam dabei nicht viel rum. Meiner Meinung lag das aber vor allem an sehr engagierten Kölnern: Die Kölner standen sehr kompakt (30 Meter vorm eigenen Tor mit 30% Ballbesitz #Bundesligaball) und haben extrem diszipliniert verschoben, dabei sind sie fast 8km mehr gelaufen als der BVB und hatten knapp 100 „intensive Läufe“ mehr als der BVB. In beiden Kategorien ist Köln schon in den letzten Jahren Bundesligaspitze.
Nach den Wechseln hat Dortmund über Sabitzer als 6er und den sich fallenlassenden Reus und Brandt mehr Angriffe durch die Mitte gestartet, die dann etwas gefährlicher waren, aber bei Ballverlusten auch zu gefährlicheren Kontern als vor den Wechseln führten. Vor allem wenn Nmecha sich mit in die letzte Kette der Kölner aufgelöst hatte. Es kann sein, dass die Angriffe auch nur besser wurden weil ab der 75. Minute es auch mit den Reserven der Kölner zur Neige ging (trotz Pausen bei schwül-heißen Temperaturen). Ein frischer Adeyemi tat dem Offensivspiel natürlich auch gut.
Da gebe ich Dir vollkommen recht, allerdings kenne ich keine Mannschaft, die gegen tiefstehende Gegner eine andere Lösung parat hat. Max sprach ja letztes Jahr bei Union über das gleiche „Problem“ - in der Bundesliga reicht ein gutes Defensivkonzept mit laufwilligen Spielern aus. Die Top 4 der Liga schaffen es durch ihre individuelle Klasse häufiger zu gewinnen, aber so richtig geknackt hat man diese Spielweise noch nicht. Deshalb fand ich die etwas defensivere Statik des BVBs in der Mitte des Feldes schon wichtig. Ein Kontertor gegen eine solche Mannschaft aufzuholen und das Spiel zu drehen ist schwierig.
Das war heute auf Dortmunder Seite mein „Unsung Hero“ des Spiels. Sabitzer war sehr viel unterwegs, ziemlich passsicher und hat in den Schlussminuten, als die IVs durchs Mittelfeld marschiert sind, deren defensiven Aufgaben übernommen. MVP war auf Dortmunder Seite Hummels mit dem Moment des Spiels als er sich am Ende eines Kölner Konters über die nicht zurücklaufenden Offensivspieler beschwerte. Danach sind alle brav zurückgelaufen. Auch ohne Binde ein Kapitän.
Was mich bei Köln überrascht hat, war, dass man sich nach Ballverlusten im Angriff sehr schnell zurückgezogen hat. Ich hätte gedacht, dass man im Pressing versucht schnelle hohe Ballgewinne zu forcieren, wo sich Dortmund in der vergangenen Saison ja das ein oder andere Mal anfällig gezeigt hatte, und sich erst danach in die defensive Grundordnung fallen lässt.
Ich bin sehr gespannt wie die nächsten beiden Partien gegen Bochum und Heidenheim verlaufen werden. Ich denke, dass obwohl viele Dortmunder nach dem Spiel sehr unzufrieden waren, an der grundsätzlichen Struktur festgehalten wird. Also „Heroball“/Handball in einer sichereren Ordnung um die Gegnerabwehr herum, bis sich eine Lücke für ein Dribbling, einen Steckpass, einen Durchbruch zur Grundline oder einen Fernschuss ergibt. Nicht schön, aber zu so einem Spiel gehören zwei Mannschaften. Gegen offensivere Mannschaften oder mit frühen Toren gibts bestimmt auch wieder schöne BVB Spiele.