Im Vergleich zum Sieg gegen Newcastle United veränderte Edin Terzic seine Startelf auf keiner Position. Beim VfB reichte es weder für Guirassy noch für Vagnoman, sodass man die aus den letzten Wochen gewohnten Formation sah.
Bereits früh zeigte sich dann, wie das Spiel verlaufen wird. Der VfB lief den BVB immer wieder hoch mannorientiert an, um möglichst wenig Zeit im Spielaufbau zu geben. Eine Vorgehensweise, die der BVB schon häufig in dieser Saison gesehen hat & bisher keine Lösung dafür hat.
Denn in diesen Situationen fehlt es an Strukturen, um sich flach herauszuspielen, sodass immer wieder lange Bälle aus Füllkrug geschlagen werden in der Hoffnung, dass dieser die Bälle festmachen kann, oder der zweite Ball in den eigenen Reihen landet.
Obwohl sich das Spiel beider gestern prinzipiell unterschied, war man bei den gespielten langen Bällen (VfB: 57, BVB: 53) nicht weit entfernt. Allerdings kamen beim VfB 60% dieser Bälle an, beim BVB nur 36%, da diese nicht gezielt, sondern in Notsituationen gespielt werden.
Die fehlenden Strukturen zeigen sich dann auch immer wieder, wenn es theoretisch eine Möglichkeit gibt flach herauszuspielen, aber diese so zufällig entstehen, dass Sie nicht erkannt werden.
Hier könnte Kobel flach auf Sabitzer spielen, der auf Schlotterbeck, den besten Aufbauspieler des BVB klatschen lassen kann (1). Das Zentrum wäre hierbei gut zu bespielen gewesen (2). Stattdessen spielt Kobel einen langen Ball auf Füllkrug der im Ballverlust endet.
Hier könnte Schlotterbeck auf Brandt spielen, der dann aufdrehen kann, oder über die drei ZM das Spiel beruhigen kann. Stattdessen spielt Schlotterbeck einen langen Ball hinter die Kette für Ryerson, den Nübel im Sechszehner aufnehmen kann.
Hier bekommt Adeyemi den Ball und könnte noch einen Touch nehmen, um dann über Nmecha auf Özcan zu spielen (1). Stattdessen versucht er sich Richtung Seitenlinie aufzudrehen & verliert den Ball, obwohl das Zentrum komplett frei gewesen wäre.
Hier kann Schlotterbeck kurz auf Ryerson spielen, der dann mit Sabitzer & Özcan eine lokale 3-2 Überzahl ausspielen könnte. Stattdessen spielt man erneut einen langen Ball & verliert den Ballbesitz.
Gut wird es im BVB-Spiel immer dann, wenn man in diesen Situationen die richtigen Entscheidungen trifft. Hier spielt Bensebaini den Ball zu Adeyemi (1), der dann auf Nmecha spielt (2), welcher dann auf Özcan prallen lässt (3). Nun kann Özcan Brandt anspielen (4), welcher dann auf Sabitzer spielt, der auf die Stuttgarter Abwehr zulaufen kann (5). Am Ende entschließt sich Sabitzer dann jedoch für eine Halbfeldflanke auf Adeyemi, der gegen Anton steht, statt die Szene über den Flügel weiter auszuspielen (6).
Vor dem 1-0 hat man erneut die richtigen Entscheidungen getroffen. Schlotterbeck kann flach ins Zentrum auf Sabitzer öffnen (1), der dann auf Ryerson herausgibt (2). Die Hereingabe (3) kann Zagadou dann (mit viel Glück für den BVB) nicht klären & Füllkrug trifft.
Diese positiven Szenen sind jedoch absolute Ausnahmen. Man merkt in Spielen gegen Gegner die hoch anlaufen, dass hier Automatismen fehlen & man keine Lösung gegen pressende Teams hat. Die Spiele gegen Leipzig & Leverkusen werden daher auch noch „interessant“.
Auf der anderen Seite presst der BVB jedoch selbst nicht sonderlich intensiv, sodass man selbst kaum Ballgewinne in gefährlichen Situationen hat. Hinzu kam gestern ein Gegner, der aktuell zu den Top 3 Teams in Deutschland gehört, sich aus solchen Situationen zu befreien.
Immer wieder positioniert man sich in den Räumen zwischen den Gegenspielern, kreiert Überzahlen in Ballnähe, bringt Dynamiken in das Spiel durch Positionstäusche & einem erneuten Auffüllen der lokalen Überzahl aus der nächsten Linie.
Hier spielt Leweling auf Karazor & geht tief (1), Karazor spielt dann raus aus dem Druck auf Anton, während Millot sich fallen lässt & erneut eine Überzahl kreiert (2). Millot bekommt dann auch den Ball, sodass Sabitzer rüberrücken muss (3) & Stiller frei wird. Der Ball geht dann zu Stiller, sodass Brandt einrücken muss (4). Stiller lässt nun Brandt aussteigen & wechselt auf die, durch die Defensivrotation freie linke Seite (5). Mittelstädt läuft dann im Halbraum mit dem Ball, bevor er auf Führich rausspielt. Anschließend ein Muster, welches mir gut gefällt: Mittelstädt läuft in die Tiefe im Rücken von Süle, bekommt den Ball zurück & kann auf Undav ablegen (6), der dann aber nur noch mit dem rechten Außenrist zum Abschluss kommt (7).
Auf der anderen Seite presste der BVB jedoch nicht aktiv. Den Dreieraufbau des VfB lies man in der Regel komplett in Ruhe, stand dann jedoch auch im Zentrum nicht wirklich gut. Immer wieder öffnete der VfB sich Passwege durch das Zentrum.
Zum einen, weil man mit den Positionierungen & Positionswechseln nicht zurechtkam, allerdings auch weil Brandt & Adeyemi gerne auf den IV auf Ihrer Seite vorrückten & so Passwege ins Zentrum öffneten.
Allerdings war dies kein exklusives Problem der beiden, denn selbst als man später quasi ohne Flügel spielte (Reus & Malen für Brandt & Adeyemi) waren die Passwege durch das Zentrum weiter vorhanden.
In der Summe entstand so ein Spiel, in dem der BVB den VfB nicht wirklich stressen konnte & Stuttgart so den eigenen Ballbesitz gut ausspielen konnte, allerdings zeitgleich selbst den Ball gegen das Stuttgarter Pressing nicht kontrollieren konnte.
Am Ende wirkt das Spiel dann auch ein wenig wie eines aus der ersten Runde des DFB-Pokals. Stuttgart kam in gute Abschlusssituationen, der BVB hingegen kaum überhaupt zu Abschlüssen.

So lesen sich dann am Ende auch diverse Statistiken.
xGoals: 4,22 zu 0,96
Schüsse: 22 zu 5
Torschüsse: 10 zu 1
Pässe: 634 zu 439
Passquote: 86% zu 79%
Ballbesitz: 59% zu 41% →
Das anschließende Interview von Niclas Füllkrug war m. E. n. sehr ehrlich & wahr. Wie Terzic anschließend darauf reagierte & der Verein mit seiner Klarstellung heute ebenfalls wirkt auf mich symbolisch für die Gesamtsituation rund um den Verein.