Fühlt sich zwar etwas falsch an hier in diesem Thread zu sein, aber aufgrund des Spiels am Wochenende habe ich mir die Bayern unter Kompany mal etwas genauer angesehen.
Kompany hat sich sehr stark am in der Bundesliga genutzten mannorientiertem Pressing orientiert. In Ballbesitz versuchen die Bayern immer wieder durch verschiedene Positionswechsel & Überladungen dies vor Probleme zu stellen.
Hierbei agiert man aus einer 4-2-3-1 Grundformation, welche man jedoch de facto im Spiel nie sieht. Die AV schieben in Ballbesitz direkt auf Höhe der Sechser in die Halbräume & Musiala auf Höhe von Kane, sodass ein 2-4-4 entsteht.
Um die gegnerische Mannorientierung nun vor Herausforderungen zu stellen, ist dieses 2-4-4 die Ausgangslage für diverse Positionswechsel. Dadurch sollen Räume kreiert werden, Gegenspieler aus den Positionen gezogen werden & Kommunikationsprobleme verursacht werden.
Dies fängt bereits bei den IV an, die unter Kompany unfassbar breit stehen. Hier muss sich der Gegner bereits entscheiden, ob er mannorientiert anlaufen, oder das Zentrum geschlossen halten möchte. Durch die breiten IV entstehen größere Räume & die Pressingwege werden länger.
Allerdings werden auch die Passwege länger, was zu Ballverlusten führen kann, wenn der Gegner doch mannorientiert anläuft. Wenn der Gegner mit 2 Stürmern anläuft bezieht man deswegen entweder Neuer in den Aufbau ein oder Kimmich lässt sich auf Höhe der IV fallen.
Tendenziell sind dies dennoch Situationen in denen man gut pressen kann, insb. wenn einer der IV weit außen den Ball erhält & man die nahen Anspieloptionen zustellen kann, wie hier Wolfsburg vor dem 2-1 Führungstreffer.
Insb. in Situationen, in denen Kimmich sich fallen lässt, sieht man auch häufig, wie sich die beiden Stürmer aus dem ursprünglichen 2-4-4 in das Mittelfeld fallen lassen, während die Flügelspieler Tiefe & Breite geben.
Dadurch stellt man die IV vor eine wichtige Entscheidung: entweder bleibt man auf Höhe der AV & gibt Kane & Musiala den Raum zwischen den Ketten, oder man verfolgt diese & öffnet den zentralen Raum mit der Gefahr, dass dieser (insb. von Olise & Coman) angelaufen wird.
Hier deutet sich bereits eine gewisse Flexibilität in der Positionsbesetzung an, die Bayern jedoch im eigenen Ballbesitz noch extremer nutzt.
In dieser Ausgangssituation hat sich Kimmich wieder zwischen die IV fallen lassen, Müller als ST steht als RV, Guerreiro als RV steht mit Kane, dem ST im ZM & Ganbry als LF steht, nicht im Bild, als ST.
Kim spielt nun den Ball auf Müller & Guerreiro kommt als Anspielstation entgegen. Müller kann den Ball jedoch sofort auf Olise spielen, was der Moment der Positionswechsel ist.
Müller zieht nun ins ZM auf Guerreiros Position, der tief geht & Olises Position als RF übernimmt, welcher als RV steht. Olise kann den Ball auf Müller spielen, der Raum hat, weshalb Chabot auf ihn geht & Guerreiro im Rücken frei wird. Vor dem Tor hat man eine 4-2 Überzahl.
Neben diversen Positionswechseln überläd Bayern auch gerne Seiten. Hier ist man mit 7 Spielern auf links. In diesen Situationen versucht man durch gegenläufige Bewegungen & Positionswechsel durchzukommen, alternativ hat man auf der anderen Seite eine 1 gg 1 Situation.
Wichtig scheinen für Kompany insb. zu sein den Ball selber zu haben & das Spiel zu kontrollieren. Kein Team in der Bundesliga hat soviele Positional Attacks pro 90 Minuten wie die Bayern. Kein Topteam hat so wenig Konter pro 90 Minuten wie Bayern.
Dabei hat Bayern mit 71,5 Prozent 10 Prozentpunkte mehr Ballbesitz als der BVB als Team mit dem zweitmeisten Ballbesitz & so viel Ballbesitz, dass man selbst in den Topspielen gg Leverkusen (2) & Stuttgart (3) die 2-4-4 Offensivformation als realtaktische Aufstellung erkennt.
Obwohl Bayern probiert die Mannorientierung der Gegner auszunutzen, spielt man selber defensiv quasi eine Manndeckung über das gesamte Spielfeld. Gnabry steht hierbei zentraler, da man das Zentrum schließen möchte & den Gegner auf Außen zwingen will.
Hier hat man Leverkusen auf links gezwungen, wo zum einen die Seitenlinie als zusätzlicher Verteidiger agiert & nun Grimaldo so angelaufen wird, dass er den Ball nur entlang der Linie spielen kann, wo Upamecano sofort bei Boniface ist & Bayern ballnah eine Überzahl hat.
Kiel wollte sich in der ersten Szene dennoch über den Sechser befreien, worauf Gnabry jedoch spekuliert hat & deswegen den Ball abfangen konnte. In der Folge erzielt Kane das 2-0.
Mit diesem Pressing kommen viele Bundesligateams nicht zurecht, weil Sie sich nicht aus dem ersten Druck lösen können & zu häufig den langen Ball spielen müssen. Bayern hat deswegen den mit Abstand niedrigsten PPDA Wert & lässt die wenigsten Schüsse pro 90 zu.
Doch auch dieses starke verschieben auf eine Seite im Pressing bietet Gelegenheiten. Da Bayern generell mit einer sehr hohen Linie spielt & der ballferne AV häufig weit einrückt, hat der ballferne Flügelspieler häufig viel Platz im Rücken des AV.
Barcelona nutzte dies im CL Spiel hervorragend aus & sowohl vor dem 3-1, als auch dem 4-1, wurde Raphinha mit einem langen Diagonalball in genau diesen Raum gefunden.