Edit von @GNetzer: Die Posts kommen aus dem Werder-Bremen-Thread, beginnend nach diesem Eintrag: Werder Bremen (m) - #144 von Volker Da die Diskussion Werder-unabhängig interessant, aber irgendwann auch ohne Bezug zu Werder verlaufen ist, habe ich sie in dieses eigene Thema kopiert.
Dieses „was hätten sie sonst tun sollen“ ist ja hier unter euch (und ich vermute mal unter vielen Werder-Fans) eine verbreitete Haltung angesichts der wirtschaftlichen Lage. Wie ich finde auch eine durchaus verständliche Position.
Das mit dem kurzfristigen Finanzbedarf ist trotzdem als Argument nicht ganz valide. Im Rasenfunk ist die Finanzsituation bei Werder seit Jahren ein Thema. D.h. eigentlich (wie bei einigen anderen Vereinen auch) muss man seit einigen Jahren die finanzielle Basis verbessern. Das bestätigt @Volker ja auch:
Meine Kritik ist ehrlich gesagt auch nur bedingt eine Werder-Kritik, sondern ein bisschen allgemeiner. Bremen ist nur gerade das aktuelle Beispiel und man kann die Probleme halt gerade bei euch ganz gut konkret machen.
Ich möchte eigentlich nur noch kurz die Gelegenheit nutzen und darauf verweisen, dass es durchaus einen anderen Weg gegeben hätte, den aber meines Wissens nach bisher noch nie ein Verein eingeschlagen hat: Demokratisierung und Vergesellschaftung. Statt sich eine kleine Gruppe reicher Privatinvestoren (oder überhaupt Investoren) ins Boot zu holen, könnte man auch überlegen, ob man die existierende Basis aktiviert, ergo Fans und Mitglieder. Möglich wäre bspw. ein Genossenschaftssystem, bei dem Fans und Mitglieder einzahlen und jeder eine Stimme bekommt, egal wie viele Anteile gezeichnet wurden. Evtl. kann man das auch durch Umgestaltung der Vereinssatzung o.ä. tun, das weiß ich nicht. Damit müsste man dann allerdings den Fans/Mitgliedern mehr Einfluss auf den Aufsichtsrat und mehr Transparenz geben. Insofern ist mir schon klar, dass keine Vereinsführung das möchte.
Aber nur mal rechnerisch: Bremen hat 48.000 Mitglieder laut Wiki und die Fanbasis insgesamt dürfte nochmal etwas größer sein. Die 38 Millionen umgelegt auf ~ 50.000 Menschen wären 760 Euro pro Person.
Das könnten die Mitglieder/Fans dann vermeiden, denn Filbys Aussage klingt nach einer mittelfristigen Renditeerwartung (die auch vertraglich möglich ist).
Auch Genossenschaften sind keine magischen Wundertüten, haben Grenzen in ihrer demokratischen Ausgestaltung und müssen auch dem Markt folgen, aber mir erscheint dieser Weg genauso risikoreich, wie der andere. Mit dem Unterschied, dass die Fanstruktur auch in schlechten Zeiten in der Masse wohl kaum ein Interesse entwickeln wird, den Club (ich meine die ausgelagerte Profiabteilung) zu filetieren oder abzuwickeln. Im Übrigen könnten die aktuellen Investoren ja immer noch das gleiche Geld geben, müssten sich halt nur damit zufrieden geben, dass sie nicht alleine bestimmen können. Wenn es ihnen wirklich um Werder geht, dann sollte das ja kein Problem sein.
PS: Mir ist klar, dass das regionale Wachstum begrenzt ist, aber genau das ist ja das Problem: Jedes Wachstum hat Grenzen und im deutschen Fußball gibt es aktuell gleich vier, an denen Bremen aktuell nicht vorbeikommen wird und bei dem Versuch ggf. so strauchelt, wie gerade Gladbach: Bayern, Leverkusen, Leipzig und Dortmund. D.h. selbst wenn man die 38 Millionen sehr gut einsetzt, kann man in 5 Jahren wieder vor ähnlichen Problemen stehen.
Interessante Idee ich versuche mir gerade vorzustellen wie sowas in der Praxis aussehen könnte und es gelingt mir nicht Hast du eine Vorstellung?
Eine Stimme haben ja inzwischen alle Mitglieder bei Werder, egal ob sie Förder- oder Vollmitglied sind; z.B. bei der Wahl des Aufsichtsrat. Die Genossenschaftsidee würde ja aber eine direktere demokratische Beteiligung verfolgen. Lassen wir mal die Problematik/Aufwand für die Durchführung von Veranstaltungen etc. beiseite, kann ich mir trotzdem nicht so ganz vorstellen wie der Aufsichtsrat da die Anteilseigener in der entsprechend großen Masse einbinden würde… Ich bin dann schnell wieder bei Vertretungen, aber das ist es ja dann auch nicht…
Genossenschaften haben wir jede andere Betriebsform einen Vorstand, der die Interessen des Unternehmens vertritt und dies dann auch im Aufsichtsrat tun könnte. (Fall Genossenschaft als Anteilseigner)
Wenn die Profi-Abteilung selbst eine Genossenschaft ist, dann wird der Vorstand selbst nicht bestellt, sondern von den Genossen gewählt. Ob es dann überhaupt einen Aufsichtsrat geben muss weiß ich nicht. Das ist ja eher ein Ding einer Aktiengesellschaft.
Dann wäre das ja gar nicht so weit weg vom derzeitigen Stand, bei dem Mitglieder zumindest einen Teil des Aufsichtsrats wählen. Vermutlich gibt es da dann andere Hürden, sonst wäre da doch bestimmt schon jemand auf die Idee gekommen das so zu machen.
Eine Genossenschaft kommt eigentlich aus einer ganz anderen Richtung. Die Genossenschaftsmitglieder haben gemeinsame wirtschaftliche Interessen und regeln durch ihren Wirtschaftsbetrieb den gemeinsamen Einkauf oder Verkauf oder sonstige wirtschaftliche Aktivitäten. Jede Genossenschaft hat dazu grundsätzlich einen Förderauftrag das wirtschaftlichen Interesse der einzelnen Mitglieder zu unterstützen. Ich bin selbst Vorstand in einer Genossenschaft und sehe eigentlich keine sinnvolle Verbindung zu einem Fußballverein.
Und große Genossenschaften haben dieselben Probleme wie alle größeren Unternehmungen die den Mitgliedern Mitbestimmung bieten wollen. Es funktioniert ab einer gewissen Größe immer bescheidener und es entwickelt sich dann immer mehr ein Eigenleben.
Ich schicke mal vorweg, dass ich nicht weiß, welche Spielräume das aktuelle Genossenschafts- oder auch das Vereinsrecht tatsächlich lassen. Allerdings sind Gesetze auch nicht in Stein gemeißelt. Insofern weist hier der Fußball im Kleinen mal wieder auch auf die Gesamtgesellschaft im Großen zurück (s.u.).
In irgendeiner Form wird man immer delegieren müssen, wenn man nicht vollkommen ineffizient sein will. Die Frage ist halt, wie man delegiert und darum geht es mir: Man kann es, wie heute machen und einfach jemanden wählen, der dann ziemlich frei entscheiden kann. Man könnte aber auch, das schlage ich vor, den Prozess demokratischer gestalten.
Dann gestaltet man alle Ämter mit einem imperativen Mandat, also der Möglichkeit einer jederzeitigen Abwahl durch die Mitglieder (ohne MV, per Mitgliederbefragung bzw. über die Basisstrukturen). Parallel geben die Mitglieder den Delegierten so weit es geht bindende Aufträge, gegen die sie nicht verstoßen dürfen und die Mitglieder bekommen ein Initiativrecht. Dazu maximiert man Informationspflichten der Beauftragten und die Bestimmungsrechte der Mitglieder. Einerseits in dem man festlegt, dass die zentralen Entscheidungen nur über bindende Mitgliederbefragungen getroffen werden können (d.h. strategische Fragen wie Investoreneinstiege, Mitgliedschaft im Dachverband (hier halt DFL oder bald eine EFL), etc.). Andererseits indem man ein etwaiges Zustimmungsgremium (heute ist das eben zumeist der Aufsichtsrat) an die Basis koppelt, indem das nicht nur zu 100% aus Delegierten besteht, sondern die ebenfalls an die Aufträge der Basis gebunden sind. Dafür muss man allerdings auch die Basis dauerhaft und regelmäßig in einer sinnvollen Einteilung organisieren (klassisch sind das lokale Gruppen, aber ich habe jetzt kein Konzept für einen Fußballverein erarbeitet, d.h. evtl. findet man ja eine bessere Organisationsform). Die hätte dann die Möglichkeit sich auch an der Basis mit den mittelfristigen Fragen des operativen Geschäfts zu beschäftigen und ihre Aufträge an die Delegierten im Zustimmungsgremine anzupassen. Die wirklich zeitkritischen Entscheidungen kann man halt kaum mit festen Aufträgen festlegen, aber auf alles andere kann man Einfluss nehmen.
Um das mal an drei Beispielen zu machen:
Verkauf von Anteilen. Das ist eine strategische Entscheidung und wenn der Vorstand z.Bsp. ein Mandat bekommen hat den Markt dafür zu sondieren, dann kann er losziehen und suchen. Wenn er dann jemanden gefunden hat, dann geht das nicht nur an den Aufsichtsrat, sondern muss von den Mitgliedern abgesegnet werden - bei voller Offenlegung der Vertragsdetails (dann müssten wir hier auch nicht spekulieren. ).
Transfers etc. Wenn man nicht wettbewerbsunfähig sein will, dann kann man schlecht jeden Vertrag abstimmen lassen. Aber was man machen kann, ist, den Rahmen festzulegen. Z.Bsp. nur deutschsprachige Spieler (Grüße gehen an Baumgart), Maximalsummen für einzelne Transfers oder Maximalsummen für alle Transfers oder z.Bsp. eine Begründungspflicht, warum man nicht stattdessen einen Jugendspieler hochholt etc. Das sind halt Themen, die man, wenn man sich gut informieren kann, auch soweit an der Basis diskutieren kann, dass man den Auftrag z.Bsp. anpassen kann, wenn sich über die Saison hinweg zeigt, dass der Rahmen nicht passt oder verändert werden muss. Das ließe auch immer noch die Tür für Ausnahmen zu: Stürmer X erleidet im Dezember einen Kreuzbandriss. Der Auftrag besagt, dass man dann (in einem gewissen Rahmen Ersatz holen kann, wenn es keine Jugendspieleroption gibt).
Aufstellungen, Trainerentlassungen, alles rund um den Spieltag. Das sind Dinge, die im Großen und Ganzen nicht durch die Basis beeinflusst werden können. Nicht nur, weil da äußere Faktoren dazu kommen, sondern auch einfach, weil es nicht wirklich notwendig und im Interesse der Mitglieder ist am Samstag noch schnell darüber abzustimmen, wie heute der Einlass geregelt wird oder ähnliches. Aber z.Bsp. eine Pflicht zum Zulassen von Choreos oder die Designieren der X-Kurve als Sammelbecken der Organisierten (das ist dann wieder langfristig) könnte man auch von unten initiativ festschreiben.
Mein Hinweis auf die Genossenschaft war ja damit verbunden, dass man grundsätzlich auch die Vereinsstrukturen anders gestalten könnte und wie ich oben schon geschrieben habe, geht es mir nicht primär darum, wie Genossenschaften (oder Vereine) heute ausgestaltet werden dürfen, sondern darum, wie man ein demokratischeres Modell ausgestalten könnte. Allerdings würde ich dir trotzdem widersprechen: Historisch gab es ja eigentlich zwei in der Ausrichtung unterschiedliche Formen von Genossenschaften, die aber trotzdem beide an den wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder ausgerichtet waren/sind. Einmal diejenigen, die von vornherein auf Expansion und eine Verbesserung ihrer Marktposition als Kapitalisten ausgerichtet sind, Edeka bspw. Dann diejenigen, die erstmal gar nicht auf Expansion ausgerichtet sind, sondern die Absicherung der Mitglieder sicherstellen sollten, vor allem Wohnungsbaugenossenschaften. Bei letzteren war das Ziel primär, dass die Mitglieder ein Dach über dem Kopf haben. Da das in dieser Gesellschaft eben nur über wirtschaftliche Aktivität geht, mussten die eben auch wirtschaften, um dieses Ziel zu erreichen, aber die greifen in das eigentliche Wirtschaftsleben der Mieter nur sehr begrenzt ein. Dass einige dieser Genossenschaften mit der Zeit auch zur Expansion übergegangen sind und agieren wie die meisten anderen Unternehmen, liegt halt daran, dass die eben nicht raus sind aus der Gesamtgesellschaft und mit der Zeit (aus unterschiedlichen Gründen) dem Marktdruck folgen. Das ändert aber nichts daran, dass diese zweite Variante sehr wohl eine Variante für Fußballfans wäre: Deren vornehmstes Interesse ist, den Club zu erhalten und das könnte man sehr wohl durch gemeinschaftliches Wirtschaften erreichen. Soweit ich weiß, kann die dann auch sehr wohl Anteile an einem Betrieb (einer ausgegliederten Profiabteilung?) halten.
Ich habe oben (im ersten Beitrag) ja schon gesagt, dass man sich keine Illusionen über heutige Genossenschaften etc. machen sollte, aber dein Beitrag führt noch mal auf die unterschiedlichen Gründe zurück, warum sich dem Marktdruck gebeugt wird (und die Grenzen der demokratischen Entscheidungsfindung bestehen).
Du hast natürlich Recht, dass umso mehr Mitglieder auch umso mehr Aufwand, Diskussion und Partikularinteressen bedeutet. Umso größer der Laden ist, umso größer ist die Verfügungsmasse und umso unübersichtlicher sind die Verhältnisse. Unter diesen Voraussetzungen werden Verantwortliche zunehmend darauf abzielen, dass sie ihren Anteil am Kuchen möglichst vergrößern und Mitglieder, die von der Situation profitieren und Mittel und Zeit haben, um ihre Position zu verbessern, werden auch genau danach streben. Beide zusammen haben dann kein Interesse daran Strukturen zu schaffen, die alle mitnehmen, informieren und beteiligen - solche, wie ich sie oben beschrieben habe. Gleichzeitig entwickeln die aktuellen Teilhaber, wenn das Primärbedürfnis erfüllt wird und Gewinne ausgeschüttet werden, ein zunehmendes Interesse daran diese zusätzlichen Gewinne abzusichern, den Expansionskurs mitzutragen und Neuankömmlinge bspw. auszuschließen. Die Spiegel KG, die keine Genossenschaft ist, aber auch ein Modell der gemeinschaftlichen Mitbestimmung, ist ein gutes Beispiel dafür. Man kann so gut es geht dem entgegenwirken, indem man schon die Grundstruktur so demokratisch wie möglich gestaltet. Allerdings heißt das nicht, dass das immer reibungslos funktioniert oder diese Struktur nicht angepasst werden muss. Nur heute sind die Strukturen selten sonderlich demokratisch.
Man sollte sich keinen Illusionen hingeben: Unter den heutigen Bedingungen muss auch jede Genossenschaft weiter expandieren und auch die Mitglieder können falsch oder schädlich entscheiden. Externe Investoren oder Kapitalisten innerhalb einer Vereinsgenossenschaft haben gegenüber dem regulären Mitglied (wie im Verein) immer noch Vorteile und werden versuchen diese auszuspielen, um ihren Einfluss zu steigern und die Eigentumsstruktur zu ihren Gunsten zu ändern. Der Durchschnittsfamilienvater kann keine Werbeagentur anheuern oder Mitarbeiter beschäftigen, die die Verträge etc. nach Loopholes o.ä. durchforsten. Die Masse der Mitglieder kann (medial) manipuliert werden und irgendwelchen Trugbildern hinterrennen oder zu viel auf einmal wollen. Verantwortliche können auch einfach die Satzung brechen und dem Verein unumkehrbare Steine ans Bein binden. Eine demokratischere Grundstruktur gibt den Mitgliedern aber wenigstens tatsächlichen Einfluss und zumindest prinzipiell Mittel an die Hand, um sich in der Breite zu organisieren und sich dagegen zu wehren oder für sie negative Entscheidungen zurückzunehmen.
Das wäre in meinen Augen jedenfalls eine bessere Ausgangslage für die Fans als die heutige Situation.
Ich weiß nicht ob ich das jetzt alles richtig verstanden habe.
Aber wo bleibt bei diesem ganzen Konstrukt dann das einfache Vereinsmitglied das in seinem Verein einfach nur Sport treiben will. So weit ich weiß gibt es das ja in den meisten Vereinen mit Profiabteilung auch noch (komm vom Dorf daher, weiß ich nicht so genau um deren Bedeutung). Die haben ja vielleicht andere Interessen wie die Fans, und fallen aber dann, weil Minderheit, unterm Tisch.
Oder eine Genossenschaft als ausgegliederte Profiabteilung?
Ich denke es geht nur über Ziele formulieren, und dann juristisch sauber das passende Gerüst aufbauen. Was das auch immer sein kann.
Da ich mich im Wirtschaftsrecht nicht auskenne, wollte ich dazu mal ein paar Fragen stellen:
Ist es generell nicht sinnvoll und sogar zwingend wichtig, dass Vereine (also e.V.) ihre Profiabteilung ausgliedern? Wenn eben die Profiabteilung finanziell Schiffbruch erleidet (was ja bei einigen Vereinen durchaus eine reelle Gefahr ist) würde dann aber nur die Profiabteilung Insolvenz anmelden müssen. Der Verein selbst kann aber weiter seinen Aufgaben nachkommen und behält dann auch u.U. Werte (Stadion bspw.).
Bei einem e.V. mit steuerlichen Vorteilen muss mMn sichergestellt sein, dass dieser eben auch ohne Profiabteilung bestehen bleibt.
Durch die Ausgliederung in eine GmbH könnte man das Risiko für den Stammverein doch minimieren oder nicht?
Welche Vorteile bieten unter dem oben genannten Aspekt die unterschiedlichen Unternehmensformen wie GmbH, AG, KGAA, Genossenschaft usw.?
Tatsächlich geht es mir grundsätzlich genau darum. Die Argumente für Ausgliederungen (in normale Wirtschaftsbetriebe, egal ob KG, GmbH oder AG) und Investoren sind immer identitisch: „Wir haben kein Geld, wir brauchen Strukturen wie bei anderen Mittelständern und wir brauchen Geld von außen (oder zumindest die Möglichkeit dieses reinzuholen).“
Das wird immer als alternativlos verkauft, aber es wird auch eigentlich nicht nach Alternativen gesucht, die nicht auf eine nicht-genossenschaftliche Gesellschaft abzielen bzw. über Investorengelder funktionieren.
Die Fußballbundesligavereine scheinen das sehr unterschiedlich zu handhaben, aber bei Bremen sind zum Beispiel Teile der anderen Abteilungen mit ausgegliedert und andere Teile noch wirklich im Verein (siehe hier). Bayern hat die Basketballabteilung separat ausgegliedert. Das Problem mit der Minderheit gilt allerdings immer: Wiederum Bayern hat in den 90ern die Schachprofis hintenangestellt, weil man sich nur auf Fußball konzentrieren wollte. Allerdings ist die Frage, ob das damals eine Minderheit war - es hat ja nur das Präsidium entschieden.
Tatsächlich könnte man die Demokratisierung in jedem Verein anstreben, dann hat die Minderheit wenigstens eine Chance für ihre Position zu werben und muss sich nicht dem Präsidium unterwerfen (angesichts nicht bindender Mitgliederbefragungen scheint mir das durchaus ein Problem zu sein). Mir ist auch klar, dass in vielen Vereinen (allerdings nicht im Profifußball, da sind die sehr sicher eine Minderheit im Vergleich zu den Fans) viele Leute einfach Sport treiben wollen. Der Rahmen wird aber entscheidend vom Verein als Struktur bestimmt und die sollte so sein, dass die Mitglieder so stark es geht bestimmen können, nicht müssen. Der Genossenschaftsweg wäre, desto mehr ich drüber nachdenke, wahrscheinlich am ehesten ein Weg, um die Fußballabteilung auszugliedern bzw. deren Liquidität zu verbessern und dabei die Fans mitzunehmen - dann müssen sich die anderen Mitglieder auch nicht beteiligen (muss ja sowieso keiner).
Grundsätzlich ja, aber die reale Ausgestaltung ist eine andere. Während in Gladbach der Verein noch Eigentümer des Stadions ist, gehört die Alte Försterei bspw. einer Stadion AG und die Allianz-Arena ebenso (letztere ist im Eigentum der ausgegliederten Profiabteilung; alles laut Wikipedia). In Bielefeld (siehe Bremen-Thread) hat man im Zuge des Investoreneinstiegs den wichtigsten Wert, die Alm, an ein Konsortium abgegeben. Wenn eine Ausgliederung erfolgt ist, dann ist das auch immer die Tür, damit sich andere daran beteiligen und Zugriff auf die Vereinswerte erhalten - da muss noch keiner durchgegangen sein (wie in Gladbach oder Köln), aber sie ist halt schonmal da. Ich habe auch nicht per se ein Problem mit einer Ausgliederung. Die Frage ist für mich viel mehr, wie man die gestaltet und was man mit der macht, wenn man bspw. mehr Geld braucht.
Natürlich ist die Ausgestaltung so einer Ausgliederung dann bei jedem Verein ganz unterschiedlich. Aber irgendwie sollten sich DFB und DFL auch darüber mal Gedanken machen ob da nicht ein Rahmen vorgegeben sein muss. Wie gesagt geht es ja auch um den Schutz des Kernvereins, wenn die Profiabteilung mal unrentabel ist und in Nöte gerät.
Andere Werte (Stadion, Catering usw.) können ja individuell gehandhabt werden. Das kommt dann auch auf den Verein an (bei 50.000 Mitgliedern kann man ein Stadion vielleicht auch ohne Profiverein noch eine Zeit lang betreiben (Veranstaltungen, Konzerte usw.), bei 5.000 schon weniger)
Gibt es da in anderen Ländern genau Regularien wie die Clubs sich zu organisieren haben? Da wäre eigentlich auch die UEFA oder gar die EU mal gefragt. Das muss ja mMn europäisch geregelt werden. Da hängen ja bei einem e.V. auch steuerliche Vergünstigungen dran.
Am Ende sind die großen Ligen eben kein Zusammenschluss von Amateuren. Mit dem typischen Feuerwehr-, Schützen oder Gesangsverein hat das halt überhaupt nix mehr zu tun.
Das stimmt sicherlich für Ausgliederungen, die vom akuten Wunsch getrieben sind, einen Investor an Bord zu holen. Aber der gute Grund für Ausgliederungen in Kapitalgesellschaften ist, die Profiabteilungen strategischer und professioneller führen zu können und die leitenden Personen von den direkten Einflüssen einer Mitgliederversammlung abzuschirmen, die jedes Jahr emotionsgeladen auf die letzten drei in Reihe verlorenen Spiele reagiert (etwas übertrieben gesagt). Im modernen Fußballbetrieb würde klassischer Vereinsfußball meiner Meinung nach selbst bei wirklich guten Standortvoraussetzungen mittelfristig keinen Erfolg haben. Ich glaube Kaiserslautern und Hamburg sind ganz gute Beispiele dafür.
Korrekt. Ausgliederungen sind undemokratisch. Der FCB reagiert also nicht mehr überhastet anhand der letzten negativen Ergebnisse - siehe Nagelsmann oder Kahn/Salihamidzic?
Das Argument ist doch, dass die Experten das besser könnten, aber das tut so als wären die a) ohne eigene Interessen und b) als wäre die Masse nur ein dummer Haufen, der niemals zu vernünftigen Entscheidungen fähig ist, selbst wenn er informiert ist. Im Übrigen ist es doch nicht so, dass das Tagesgeschäft früher in der Hand der Mitglieder war und das schlage ich ja auch nicht vor (s.o.).
Kann deine Argumentation auch komplett nachvollziehen. An sich denke ich werden wir diese Entwicklung aber trotz aller negativer Punkte weiter beobachten können. Den wie man an DFL Investor sieht sind viele Vereine finanziell am Ende und haben nur wenig Möglichkeiten noch mehr Mittel zu erwirtschaften. Ich glaube es geht vielen auch viel mehr um die Angst nicht mitzuhalten zu können… egal wie gut du Scoutest, Talente du förderst etc du hast immer die Gefahr tief zu fallen und Investoren geben dir da halt Rückendeckung zu ein hohen Preis aber… Ich als Bremer hab nun Mal Angst wieder abzusteigen da Nehm ich fast jeden Strohhalm und anscheinend ja auch viele andere Vereine
Endlich wird mal die grundsätzliche Frage nach der Eignung der Organisationsform e.V. für Profifußball diskutiert. In meinen Augen immer noch ein Kernproblem vieler Diskussionen um (Profi)Fußball und Kommerzialisierung.
Ja in Deutschland ist das historisch gewachsen, aber das ist nicht überall so (z.B. England, wo der [ehemalige] Werksclub eigentlich der Normalfall ist). Ich bin kein Jurist und kenne mich schon gar nicht im Rechtssystem anderer Länder aus, aber die Frage
halte ich für entscheidend. Der e.V. ist ja ein typisch deutsch(sprachige)s Ding.
Ich hatte bisher wenig Vorstellung, welche Alternativen bestehen, finde aber diesen genossenschaftliche (oder genossenschaftsartigen) Ansatz sehr spannend. Denn ein Problem wurde hier ja schon genannt: Die Perversion der basisdemokratischen Vereinsidee durch die große, oft überregionale Aufmerksamkeit die Profifußballmannschaften generieren, was zu unzähligen Mitgliedern führt, die Fans dieser Mannschaft sind, aber nichts mit dem Verein und seinem eigentlich Auftrag/Angebot zu tun haben.
Da kommt dann die größere Frage, wieso Vereine eigentlich so positiv konntiert sind, wenn es um Profifußball geht? Der Verein ist in Deutschland als elitär bürgerliche Vereinigung entstanden und ist es im Kern immer noch (was unter anderem an der Idee Ehrenamt und Gemeinnützigkeit liegt), nur weil er „demokratisch“ organisiert sein will, hat er nicht automatisch egalitäres Potenzial, was aber nicht bedeuten soll, dass er das gar nicht haben kann.
P.S.: Wer hat denn eigentlich den Titel des Topic gewählt? Ist hier nicht die Formulierung „Inhaber“ auf einen Verein bezogen, gar nicht möglich? Die Genossenschaft könnte doch nur Inhaber der ausgegliederten Gesellschaften sein? Oder zeigt sich hier schon das Framingproblem, dass der Begriff Verein im Deutschen so unscharf ist, dass wir oft gar nicht wissen wovon wir (und vor allem unser Gegenüber) eigentlich redet?
Nichts daran erscheint mir undemokratisch. Die Ausgliederungen werden demokratisch beschlossen, der Mehrheitsvertreter im Aufsichtsrat (50+1) ist demokratisch gewählt und im übrigen ist es in Demokratien durchaus übliche Praxis, die Exekutive nicht direkt zu wählen. Dir geht es eventuell eher darum, speziell basisdemokratische Strukturen beizubehalten. Da bin ich in Wirtschaftsfragen (und das ist die Leitung einer Profimannschaft) aber eher skeptisch.
Es finden sich immer anekdotische Beweise für immer genau das Gegenteil. Wobei die Nagelsmann-Entlassung doch gar nicht der Fehler war, sondern die Tuchel-Verpflichtung. Aber vom anekdotischen Versagen gewisser Einzelpersonen abgesehen: ist denn nicht fast jeder Klub, der im Laufe der zunehmenden Professionalisierung des Sports nicht oder zu spät ausgegliedert hat, ins Trudeln gekommen? Und hat das dann nicht viele dieser Klubs in eine Situation gebracht, in der aus der Not heraus der Investor alles retten sollte? Das hab ich aber nicht erforscht, das ist meine subjektive Wahrnehmung (Schalke, Kaiserslautern, HSV). Ich glaube Union wäre ein Gegenbeispiel, die haben meines Wissens die Profis immer noch im Verein.
Ich habe die Stelle gefunden und ich verstehe Deinen Ansatz schon. Um meinen Punkt zu illustrieren, kontere ich mal mit einer Anekdote : Auf der Eintracht-Hauptversammlung 1988 wählte die informierte aber leicht angetrunkene Masse den Präsidenten ab, weil er im Waldstadion Business Logen hat einrichten lassen. Die Boxabteilung der Eintracht hatte damals die ehrenvolle Aufgabe, die Ordnung im Saal aufrechtzuerhalten. Krass gescheitert. Die Ereignisse hatten es an jenem Tag sogar bis in die 20-Uhr Nachrichten geschafft. Der neue Präsident schmiss den Job nach 9 Tagen wieder hin. Diese '88er Hauptversammlung war dann auch einer der Referenzpunkte, als um die 2000er herum den Klubs vom DFB (oder der DFL?) die Möglichkeit gegeben wurde, unter Wahrung von 50+1 auszugliedern.
Zu Deinem Beitrag oben, in dem Du Dein Modell vorstellst: Du könntest Deine Zielsetzungen auch mit der Schaffung einer Aktiengesellschaft erreichen. Alles, was Du vorschlägst, lässt sich satzungstechnisch umsetzen (inkl. Schutz vor unfreundlichen Übernahmen durch Investoren). Ich glaube, in Spanien hat es so einen Ansatz mal gegeben (Real Murcia), aber ich weiß nicht, wo die damit gelandet sind. Die Genossenschaft scheint mir dagegen ein bisschen schräg als Vehikel, müsste ich aber nachlesen.