Man muss aber unterscheiden dass das eine eine Behörde als teil der Exekutive ist, das andere eine judikative Einrichtung. Das das Kartellamt als Behörde hier im Fussball-Bereich mit der DFL/DFB eine gütige Vereinbarung trifft kann ich nachvollziehen, das Kartellamt soll den Wettbewerb regulieren wenn nötig, aber auch nur soweit mäßigend einwirken, also nicht überregulieren.
Aus dem Jahr 2021:
„Das Bundeskartellamt hat der Deutschen Fußball Liga (DFL) heute seine vorläufige kartellrechtliche Einschätzung zur sog. 50+1-Regel mitgeteilt. Nach Auffassung des Amtes kann die Grundregel aufgrund der damit verfolgten sportpolitischen Ziele kartellrechtlich unbedenklich sein. Für problematisch hält das Amt hingegen, dass die einheitliche Anwendung und Durchsetzung der Regel in ihrer jetzigen Fassung nicht sichergestellt ist“
Aus dem Jahr 2024:
„Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts: „Die neue Rechtsprechung des EuGH ändert unsere Bewertung der 50+1-Grundregel nicht grundlegend. Es bleibt dabei, dass das Ziel der Vereinsprägung geeignet ist, eine Ausnahme vom Kartellrecht zu tragen. Wir halten die Regel insoweit grundsätzlich auch für verhältnismäßig. Der EuGH stellt allerdings strenge Anforderungen an die konsistente und einheitliche Anwendung von Regelungen, die von einer Ausnahme vom Kartellrecht profitieren sollen. Daher werden wir nun zunächst die Anwendungspraxis der DFL hinsichtlich der 50+1-Regel untersuchen. Das betrifft auch die Lizenzierungspraxis hinsichtlich bestimmter Clubs sowie die Vorgänge um die Investorenabstimmung der DFL im vergangenen Jahr.“
In den ganzen Artikeln wird aber nur von Leverkusen, Hoffenheim und Wolfsburg gesprochen, aber nicht von Leipzig. Leipzig erfüllt ja formell die Voraussetzungen von 50+1, aber dem Geist der Regel doch eindeutig widerspricht, ja ab absurdum führt.
„Dabei rückt erstmals auch die Organisation der RasenBallsport Leipzig GmbH in den Fokus. Bei RB Leipzig stehe in Rede, „dass sie aufgrund einer für stimmberechtigte Neumitglieder nicht hinreichend offenen Ausgestaltung des Muttervereins RasenBallsport Leipzig e.V. die ausnahmebegründende Zielsetzung der 50+1-Regel nicht erfüllen könnte“, heißt es in dem Schreiben der Wettbewerbshüter.
Damit nimmt das Kartellamt die generelle Kritik an Rasenballsport auf, die bereits im Lizenzierungsverfahren 2014 für die Bundesligen aufgekommen war. Denn bei RB gibt es nur etwas mehr als 20 stimmberechtigte Mitglieder, die zudem „Red Bull“, dem Investor des Klubs, nahestehen. Wer Mitglied werden kann, bestimmt dort der Verein. Anders als bei den anderen Bundesligisten, wo jede und jeder mit einem entsprechenden Antrag automatisch Mitglied werden kann und damit auch über Mitbestimmungsrechte verfügt.“
Gehen wir mal Stand jetzt davon aus das Leverkusen, Hoffenheim (nehme ich trotzdem mal dazu) und Wolfsburg dem 50 +1 entsprechen, unabhängig ob man dagegen ist und dem nicht zustimmt. Leipzig wird am Ende das Konstrukt sein, welches 50+1 zu Fall bringt, weil Leipzig dem Geist der Regelung, die 50+1 Rechtsicher macht, nicht entsprechen wird. Und über Hannover hat man noch gar nicht gesprochen. Und über die Europäische Tragweite kann man auch unendlich Diskutieren.
Aus dem oben erwähnten 2024 Artikel vom Kartellamt:
„In den genannten Urteilen hat der EuGH erstmals festgelegt, dass eine Ausnahme vom Kartellrecht nur für sportverbandliche Regelungen in Frage kommt, die nicht aus sich heraus besonders wettbewerbsschädlich sind (sog. bezweckte Beschränkungen des Wettbewerbs).“
„Um aus anerkennenswerten sozial-ethischen Gründen wie der Vereinsprägung eine Ausnahme vom Kartellrecht in Anspruch nehmen zu können, muss ein Sportverband die betreffende Regel im Lichte ihrer Zielsetzung einheitlich, konsistent und diskriminierungsfrei anwenden.“
Vereinsprägung, siehe Leipzig, siehe mit abstrichen Hannover, 50+1 steht auf einem schmalen Grat. Sollte aber Leipzig aber in letzter Instanz als 50+1 Konform angesehen werden, und das wird am Ende wahrscheinlich so kommen, dann werden weder die DFL, der DFB und vor allem das Bundeskartellamt nicht mit Ruhm bekleckern. Und ob das vor dem EUGH dann bestand hat, das kann keiner vorhersehen.