Hier ist mal mein Input von Polenspielen mit Blick auf das Spiel heute Abend, dann hat man was worauf man in der nächsten Folge aufbauen kann
DEUTSCHLAND-POLEN 4-1
Beim 0:1 hat man eigenen Einwurf an der Mittelline, dann zwei unsaubere Ballkontakte und man hatte kaum Raum sich raus zuspielen und in solchen Fällen schießt doch einfach das Ding hoch Richtung Tribüne, ist zwar nicht sehr ästhetisch und ein ärgerlicher Ballverlust, dafür aber keine Chance für den Gegner(ähnelte schon dem 0-1 gegen Österreich).
In der ersten Halbzeit hatte man fast immer Poppi/Schüller auf der gleichen Höhe(oder minimal versetzt), die sich gegenseitig den Platz weggenommen haben. Das Duo Obi/Nüsken konnte gefühlt nicht die richtige Balance von der Feldposition finden. Man hat die erste Hälfte nicht verpennt und hätte schon bis zur großen Pajor-Chance locker ausgleichen können. Schulze-Solano musste Lehrgeld gegen Pajor zahlen und hat kein gutes Spiel gemacht, allerdings muss man das einer Spielerin mit so wenig Nationalmannschaftserfahrung auch zugestehen. Sie ist 3,4 mal zu früh aus der Innenverteidigung vorgerückt(obwohl es nicht zwingend nötig war), was sofort Räume geöffnet hat. Das war zu undiszipliniert, in ihrem Fall aber wohl eher zu übermütig, wenn man seine Sache zu gut machen will.
Im Offensivspiel war man insgesamt zu hektisch, zu ungeduldig.
In der zweiten Halbzeit war es ein bisschen „Belichick-Magic“ und alle Wechsel/Adjustments haben gepasst(Popps Auswechselung war vor dem Spiel schon abgesprochen). Mit Marina war in der Verteidigung und im Spielaufbau sofort so viel mehr Ruhe drin. Der Lattenkracher von Pajor, da muss man einfach mal sagen, Weltklassespielerinnen machen Weltklasse Sachen und das kann man nicht immer verteidigen(Gwinn hätte ein bisschen aggressiver auf Pajor gehen können, aber das war zu schnell und zu gut). Mit Freigang war auch die 10er Position besetzt, wo sie mit ihrer Qualität in den Zwischenräumen Unruhe angestiftet hat. Senß und Obi haben sich beim angreifen/absichern sehr gut ergänzt. Das ganze Spiel wurde variabler.
Ich habe in der ersten Halbzeit 13 flanken gezählt(ohne Eckbälle und hohe Bälle nach vorne), daraus resultierten 3 Abschlüsse und zweimal knapp verpasst. In der zweiten Halbzeit 12, die zu 2 Abschlüssen führten und einmal knapp verpasst. Quote ist ok, aber da ist Luft nach oben.
In der zweiten Halbzeit schwanden bei Polinnen die Kräfte, man hatte mal mehrere Minuten leerlauf drin (zwischen Minute 58.-70), aber auch solche Spielphasen sind normal.
Auch sehr auffällig war, das man in der zweiten Halbzeit es fast komplett unterlassen hat zu monieren und zu lamentieren. Man hat in einem Zweikampf erst aufgehört, wenn der Pfiff gekommen ist.
POLEN-DEUTSCHLAND 1:3
6 Umstellungen. Mit Laura Freigang war die 10 besetzt von Beginn besetzt, was dem Spiel grundsätzlich gut tut. Nach 10 Minuten kann man schon 1-0 führen, aber dann wird einmal der Ball auf rechten Seite nicht geklärt, Polen gewinnt ein bisschen glücklich beide 50-50 Bälle und schon steht´s 0-1 (erinnert sehr an das 0-1 gegen Österreich). Ich fand die die erste Halbzeit nicht so katastrophal. Mangelnde Körperspannung oder Übermotivation kann man der Mannschaft nicht vorwerfen. Das Spiel insgesamt zu linkslastig auch wenn Klara Bühl eigentlich fast immer was Gefährliches eingefallen ist. Man hat es trotzdem gepackt, die Polinnen minutenlang in die eigene Hälfte zu pressen. Vivien Endemann irgendwie auf ihrer rechten Seite wie auf dem Abstellgleis. Wolter war auf ihrer Seite überfordert und das macht das ganze Gebilde auch wieder gefährlich instabil. Als Obi raus musste, musste die Mannschaft sich wieder neu orientieren und das dauerte zu lange, sodass es nochmal gefährlich wurde.
Nach der Pause haben wechsel auch wieder sofort Wirkung gezeigt, Poppi auf die 6 zu beordern und Lohmann auf der 10 wirbeln zu lassen, war wohl mit der Schlüssel, das man sich wieder stabilisieren konnte und nach vorne die Chancen zu kreieren. Mit Jule Brand wurde die rechte Seite wieder merkbar belebt. Das Rezept hieß nicht nur Flanke, Flanke, Flanke, sondern mal aus der Distanz abziehen, Richtung Grundlinie ziehen dann den Ball im Rückraum ablegen, ein paar Mal konnte man sich hübsch in den Strafraum kombinieren und kam in gute Abschlusspositionen.
MVP: Lea Schüller
Unsung heroin: Klara Bühl
Moment dieses Lehrgangs: Handylichter von den Fans in Rostock
Wenn ich jetzt im Nachhinein vor allem auf die Personalveränderungen schaue, sieht das so aus, dass man das, bei einigen Spielerinnen sehr bewußt gemacht hat. Das bringt dann automatisch ein bisschen durcheinander ins Spiel, das hat man bewußt in Kauf genommen und erklärt einige Abstimmungsfehler. Damit kommuniziert man den Vereinen, das man wirklich auf die Spielerinnen „aufpassen“ wird und auf die Belastungssteuerung wert legt. Das wiederrum, wird sämtliche Fehlkommunikationen verhindern und man wird sich nicht in dieses Abstellungsdilemma rein manövrieren. Das dürfte den einen oder anderen Fehlpass wert sein.
Man stellt sich sehr oft die Frage nach der angemessenen Erwartungshaltung. Einerseits ist die Mannschaft Vize-Europameister, andererseits bei der WM in der Vorrunde ausgeschieden, in nicht gerade der allerschwersten gruppe rausgeflogen. In der Nation League man die gruppe gewonnen und dann noch das Spiel in den Playoffs gegen Holland gewonnen und somit für Olympia qualifiziert. Nach Paris zu fahren um eine Medaille zu holen, ist doch selbstverständlich oder soll man sich hinstellen und sagen „wir gucken das wir die Gruppenphase überstehen.“ Eine Medaille als Ziel auszugeben ist alternativlos. Mit was man dann insgeheim zufrieden wäre, steht auf einem anderen Blatt. Deutschland ist für kein Underdog, sondern eher das dark horse gegen das keiner spielen will.
Mehrere wichtige Sachen hat man hinbekommen:
-Das wehren gegen Widerstände, mit der traurigen Tatsache, dass man das wohl auch in fast jedem Spiel demonstrieren will…
-Das Spiel ist insgesamt variabler geworden, nur sieht man das leider nur teilweise
-Vor allem Jule und Klara haben einen sehr großen Schritt nach vorne gemacht, an dem Hrubesch einen großen Anteil hat. Obi wächst weiterhin immer besser in ihre Rolle rein.
-Die Kommunikation scheint insgesamt deutlich besser geworden zu sein, z.b. das sowas wie das Abstellscharmützel nicht mehr vorkommt
wichtige Sachen fehlen noch:
-Pressingsresistenz
-noch bessere Spielbalance
-Wenn man den Ball hat und das Spiel macht, muss man manchmal noch geduldiger spielen um sich den Gegner zu recht zulegen. Dann kommt es automatisch nicht zu den Fehlpässen und Ballverlusten
-Konstanz, Deutschland ist stand jetzt eine gute Mannschaft, wenn sie das Ganze noch konstanter abrufen kann, sogar eine sehr gute…
Das Spiel gegen Island heute wird sehr tricky. Sämtliche Mannschaften haben sich selten bei ihrem ersten Spiel nach der (in diesem Fall kurzen)Sommerpause mit ruhm bekleckert. Die Spielerinnen müssen sich ja in der Vorbereitung auch mit den Innovationen im vereinsinternen Spielsystem auseinander setzen. Vorteil ist natürlich, dass man bei der Natio solche größeren Änderungen nicht hat. Man spielt in Island, das Wetter soll teilweise nass und durchaus windig sein. In manchen Teilen von Deutschland ist das genau so, aber man hat keinen Heimvorteil. Mit Spannung warten wir auf die Art und Weise, wie man sich speziell um Jonsdottir kümmern wird. Wenn Marina starten würde, hätte ich ein besseres Gefühl. Heute wird man wohl wieder einige Ungenauigkeiten im Passspiel sehen und manchmal ein bisschen Chaos in der Abwehr, besonders bei den Einwurflanken. Nach längerer Zeit wird man sich erst ins Spiel einfühlen müssen, obwohl wir schon öfter ramba-zamba in den Anfangsminuten gesehen haben. Freigang wird wahrscheinlich starten, interessant wird’s welches „Pärchen“ er dann hinter Laura aufstellen wird Obi/Nüsken oder Obi/Senß scheint mir am offensichtlichsten, mit der Hoffnung das beide Spielerinnen schnell die richtige Balance finden können. Für mich ist das ein Spiel, was in unterschiedlichste Richtungen driften kann und deswegen würde ich da ein bisschen gnädiger sein, wenn das nicht von Beginn an rund laufen würde. Der Mannschaft wird Hrubesch ganz genau mitgeben, was er sich da vorstellt. Inwieweit man erwarten kann, dass das dann auch so umgesetzt werden kann, bin ich mir nicht sicher. Mich würde es auch nicht wundern, wenn er heute und gegen Österreich im Spiel schon nach 45-60 Minuten mehrere Spielerinnen nicht nur leistungsbedingt, sondern auch wegen der Belastung runter nehmen wird. Z.b. falls Marina spielen sollte, wird sie nicht über die volle Distanz gehen. Wenn doch, dann hat er uns der gute Horst an der Nase herumgeführt
Im Kader heute stehen nur 2(!!!) Spielerinnen die mehr als 59 Länderspiele gemacht haben. Kathy (73) und Lea (60). Nur 4 weitere Spielerinnen haben mehr als 49 Länderspiele gemacht. Diese Zahlen sprechen die Mannschaft zwar nicht davon frei gut spielen zu können, nur ist es immer noch eine junge Mannschaft, bei der eine gewisse Varianz natürlich ist.