Dann schreib ich mal was:
Prolog der Saison
Die Geschichte dieser Erstligasaison beginnt für Darmstadt am 30.04.23. Nach einem souveränen Sieg bei Holstein Kiel war eine Top 3 Platzierung zum Ende der Saison sicher, obwohl noch vier Spieltage zu spielen waren. In einer wie immer sehr ausgeglichenen zweiten Liga ziemlich sensationell. Seit dem 9. Spieltag stand man durchgängig in den Top 3, ab dem 12. Spieltag auf Platz 1, was unter anderem der besten Defensive der Liga zu verdanken war. Nach dem Sieg gegen Kiel konnte man den definitiven Aufstieg (Vermeidung der Relegation) klar machen. Es folgte: Eine 0:3 Heimniederlage gegen St. Pauli und eine 2:1 Auswärtsniederlage in Hannover, bei der Lieberknecht ein bis dahin noch nie gespieltes System ausprobierte, was krachend scheiterte. So langsam wurden alle Beteiligten nervös, doch im letzten Heimspiel gelang ein 1:0 gegen Magdeburg und damit der umjubelte Aufstieg, auch wenn das Spiel slebst keine sportliche Glanzleistung war. Es folgte der berüchtigte Ballermanntrip und die 0:4 Niederlage in Fürth, durch die man den 1. Tabellenplatz an Heidenheim abgab udn so die Meisterschaft und ein paar Millionen Zusatzeinanhmen verspielte. Bei Teilen des Umfelds kam schon das nicht gut an, auch wenn die allgemeine Partystimmung es zunächst überspielte. Letztlich hieß das aber, dass man mit einer Bilanz von einem Sieg und drei Niederlagen und einem Torverhältnis von 2:7 aus dem Mai 23 in die Sommerpause ging. Gefühlt hat man sich vor der Angst zu verlieren, die sich in diesen Spielen zeigte, seit einem Jahr nicht mehr erholt.
Die Sommerpause und DFB-Pokal Aus
Mit Philipp Tietz und Patrick Pfeifer verlor man zwei Stammspieler an Augsburg. Lieberknecht kündigte in Gesprächen mit Pressevertretern an, dass er gerne bundesligaerfahrene Ankerspieler verpflichten wolle, doch die kamen letztlich nie. Ersatz für Tietz sollte Fraser Hornby sein. Als Ersatz für Pfeifer kam Maglica, zunächst als Leihspieler aus Stuttgart, der dann nach den ersten Spielen fest verpflichtet wurde. Als man feststellte, dass man die Spieler, die man wollte, nicht bekam, wurden Ende der Transferperiode noch Tim Skarke und Luca Pfeifer, die sich bisher in der Bundesliga noch nicht endgültig durchsetzen konnten, zurück geholt. In der Vorbereitungen ermöglichte man Fans und Spielern ein Testspiel gegen den großen Liverpool FC in England, wo man sich mit einer 3:1 Niederlage achtbar aus der Affäre zog. Dass auf diese ordentliche Leistung eine 3:0 Niederlage beim Regionalligisten aus Homburg folgte, zeigt ein Muster, dass sich auch durch die Saison zog. Nach dem Spiel wurde von den Verantwortlichen, in Person von Präsident Rüdiger Fritsch, jegliche Kritik an der sportlichen Leistung als unangebracht gekennzeichnet und der Zusammenhalt beschworen. Während der Sommerpause gab es schon Unruhe im Umfeld wegen der von einigen/vielen als zu extrem empfundenen Anhebun gder Dauerkartenpreise (bei den günstigsten Stehplätzen und günstigsten Sitzplätzen hat Darmstadt jeweils die teuersten Dauerkarten der Liga). Um möglichen Trainerdiskussionen vorzubauen, wurde der Vertrag mit Thorsten Lieberknecht, der zu diesem Zeitpunkt noch zwei Jahre lief, bis 2027 verlängert.
Spieltage 1-9: Ordentlicher Start mit Höhen und Tiefen
Auswärts unglücklich im Hessenderby gegen Frankfurt verloren, weil Pfeifer nur den Pfosten trifft und Kolo Muani sich mit einem Tor aus Frankfurt verabschiedet. Hohe Niederlagen gegen Union, die man damals noch für eine Mannschaft auf Champions League Niveau hielt, und Leverkusen, die damals schon/noch als Geheimtipp auf die Meisterschaft gehandelt wurden; aber mit der Idee auch in der 1. Liag Fußball zu spielen und sich nicht zu verstecken. Während der Länderspielpause konnte man sich Selbstbewusstsein holen, indem man den alten Südwestrivalen aus Mannheim standesgemäß besiegte. Die erste Halbzeit gegen Mönchengladbach war dann sicher eine der besten, die man in den letzten Jahren am Böllenfalltor gesehen hatte und die 3:0 Führung eher noch zu niedrig. Dass die rote Karte gegen Maglica keine war, haben alle im Stadion und vor dem Fernseher gesehen außer dem VAR, danach kippt das Spiel total und man konnte am Ende froh sein, dass man nicht verloren hat. Aber das hat Selbstbewusstsein gegeben: Darmstadt kann in der Bundesliga andere Mannschaften dominieren und defintiv mithalten! Es folgen eine verdiente Niederlage gegen Stuttgart und verdiente und halbwegs souveräne Siege zu Hause gegen Bremen und in Augsburg. Darmstadt ist in der Liga angekommen und der Klassenerhalt scheint ein realistisches Ziel zu sein. In der Länderspielpause schießt man 4 Tore gegen Elversberg, kassiert aber auch 2; aber naja immerhin ein weiterer Sieg. Gegen Leipzig macht man ein gutes Spiel, verliert aber trotzdem 1:3 - kein Beinbruch. In München steht es zru Pause 0:0, aber Darmstadt spielt mit 9 gegen 10 und versucht die Bayern offensiv unter Druck zu setzen. Nach der Halbzeit fällt man komplett auseinander und es steht am Ende 0:8. Die Stimmung im Umfeld ist trotzdem gut - auf die erste Halbzeit lässt sich aufbauen und die Punkte gegen den Abstieg müssen woanders geholt werden - nämlich in den nächsten Wochen gegen die direkte Konkurrenz.
Spieltage 10 - 23: Niederlagenserie und sportlich dürftige Auftritte mit wenigen Highlights
Nach der hohen Niederlage gegen Bayern war die Angst vorm Verlieren zurück. Die Spiele gegen die direkte Konkurrenz aus Bochum, Mainz und Köln waren erschreckend schwach und wurden verdient verloren - so spielt ein Absteiger! Ein 1:1 in Freiburg dazwischen war ein kleiner Lichtblick. Dann kam das Spiel in Heidenheim. Mit einem Sieg wäre man am Mitaufsteiger vorbei gezogen, doch man verlro nach drei Standardgegentoren 3:2. Minutenlang saß Lieberknecht nach Abpfiff wie erstarrt auf der Bank. Das Spiel hätte ein Wnedepunkt zum Guten sein können, doch so konnte es einem die Hoffnung auf den Klassenerhalt schon nehmen. Die Leistung gegen ein dezimiertes Wolfsburg war ähnlich denen gegen Köln, Mainz und Bochum und so verlro man auch dieses Spiel. Wo war der Schwung und die Lust auf Fußball aus den Spielen gegen Gladbach, Augsburg und Bremen hin? Die Aufholjagd im letzten Spiel vor Weihnachten zum 3:3 in Hoffenheim lässt Hoffnung aufschimmern, dass sie nach der Winterpause zurück kommt. Nach Weihnachten folgen allerdings, der extrem überarschende Abschied von Carsten Wehlmann, eine Testspielniederlage gegen Kiel (wie symbolisch!) und eine Niederlage zu Hause gegen Dortmund. Eine schnell gebildete Taskforce rund u mThosten Lieberknecht kümmert sich um Transfers und holt einige Leihspieler. Auch gegen Frankfurt sieht es lange nach einer Niederlage aus, aber man kämpft sich zurück und holt in letzter Minute ein 2:2. Fußball kann also doch noch Spaß machen! Gegen ein schwaches Union und gegen Leverkusen folgen verdiente Niederlagen, die die Hoffnung auf Besserung wieder im Keim ersticken. In Gladbach holt man glanzlos einen Punkt gegen Stuttgart verliert man ein nervenaufreibendes Spiel knapp mit 1:2. Das 1:1 in Bremen hätte wieder ein Wendepunkt sein können. Letztlich nahm das aberkannte Siegtor in letzter Sekunde nach einer (korrekt angewendeten) Handspielentscheidung die Mannschaft und das Umfeld so mit, dass psychologisch damit der Abstieg schon besiegelt war, auch wenn es rechnerisch noch lange nicht so war.
Spieltage 24-33: Viele Debakel, ein Sieg und der Abstieg
Es folgte ein absolutes Debakel gegen Augsburg auch mit Geschehnissen auf den Rängen ein absoluter Tiefpunkt. Mit der 2:0 Niederlage in Leipzig und dem 2:5 gegen Bayern konnten alle halbwegs leben - wichtig war, dass die Fans untereinander und Fans und Mannschaft sich wieder versöhnten. Nach dem 2:2 in Bochum gab es Hoffnung nochmal kurz Hoffnung auf den Klassenerhalt, doch mit dem 4:0 in Mainz kam der obligatorische Tiefschlag. Nach einem 0:1 gegen Freiburg kam dann der einzige Sieg der Rückrunde - ein 0:2 in Köln. Balmsam für Fans und Spieler und man hoffte sich wenigsten ordentlich aus der Liga zu verabschieden. Mit einem 0:1 gegen Heidenheim stand der Abstieg fest und in Wolfsburg und zu Hause gegen Hoffenheim (das nächste 0:6 Debakel) scheint die Mannschaft sich aufgegeben zu haben. Es steht noch aus: Ein Auswärtsspiel in Dortmund.
Themen der Saison
- Kein Konstanz in der Startelf wegen Verletzungen und Sperren
In keinem Ligaspiel startete Darmstadt mit der gleichen 11 wie am Spieltag davor. Wenn ich mich nicht verzählt habe, gab es bsi einschließlich zum 33. Spieltag 97 Änderungen der Startelf. Besonders bitter waren Verletzungen von Leistungsträgern (Mehlem: Zwei (!) Wadenbeinbrüche; Holland: Kreuzbandriss).
- Unruhe im Umfeld. Auch wenn die Mannschaft nahezu durchgängig unterstützt und auch nach hohen Niederlagen beklatscht wurde, war es so unruhig wie lange nicht mehr. Die weggeschmissene Zweitliagmeisterschaft durch den Mallorca-Trip, Diskussionen über Dauerkartenpreise, das kategorische Abblocken von Kritik durch den Präsidenten nach dem Pokalaus, Unzufriedenheit mit der Kaderzusammenstellung, der plötzliche Abgang von Carsten Wehlmann, Fans, die nach dem Augsburgspiel aufeinander zugingen, Unzufriedenheit mit der Stimmung im Stadion. So viele Themen neben dem Platz gab es sehr lange nicht mehr in Darmstadt.
- Kritik am Präsidium in der Kommunikation und der finanziellen Ausstattung der 1. Mannschaft: Seit der Übernahme von Hans Kessler und der Beinaheinsolvenz 2008, gab es nie so deutliche Kritik an der Vereinsführung wie diese Saison. Dies betraf insbesondere Auftritte des Präsidenten Rüdiger Fritsch, der sei tder Insolvenzzeit im Präsidium aktiv ist und seit 2012 Präsident. Er hat sich sehr verdient um den Verein gemacht - ohne ihn wäre er nicht da, wo er jetzt ist. Doch das Credo „nicht vergessen wo wir herkommen“ führte wohl auch dazu, dass man nicht bereit war Geld in einen bundesligatauglichen Kader zu investieren und so einen möglichen Klassenerhalt schon vor Saisonbeginn mehr oder weniger wegzuwerfen. Vermutlich spielte auch das beim Abgang von Wehlmann eine Rolle.
- Thorsten Lieberknecht: So eine Niederlagenserie beeinflusst natürlich auch den Blick auf den Trainer. Er hat es nicht geschafft der Mannschaft das nötige Selbstbewusstsein zu vermitteln, um auch mit Niederlagen umzugehen und hat sicher nicht immer die richtigen taktischen Entscheidungen getroffen. Schon letzte Saison fiel auf, dass die Mannschaft deutlich schlechter spielte, wenn sie „etwas zu verlieren hatte“. Trotzdem halte ich es für richtig mit ihm in die neue Saison zu gehen. Mit seiner Persönlichkeit passt er nach Darmstadt und identifiziert sich zu 100% mit Stadt und Verein. Bei Braunschweig hat er auch gezeigt, dass er mit einem Abstieg umgehen kann (auf den Bundesligaabstieg folgte die Relegation). Persönlcih war es für ihn sicher keine einfache Saison. Im Herbst fehlte er mehrere Wochen wegen der Erkrankung seiner Frau und auch danach war die private Situation sicher nicht einfach. Bei der Kaderzusammenstellung wurdne definitiv nicht alle seine Wünsche berücksichtigt - ob daran eher das Präsidium oder der Sportdirektor Schuld hatten, ist mri unklar. Nach dem Abgang von Wehmann übernahm er nicht nur die Wintertransfers, sondern auch die komplette Öffentlichkeitsarbeit, erst jetzt zum Schluss musste er nicht mehr alleine vor die Mikrofone, sondern wurde vom neuen Sportdirektor Paul Fernie unterstützt.
- Die Suche nach einem Sportdirektor. In der Öffentlichkeitsarbeit in dieser Sache hat sich das Präsidium nicht mi tRuhm bekleckert (habe ich oben dargestellt). Paul Fernie macht aber in den ersten Wochen einen guten Eindruck.
- Schiedrichterentscheidungen: Sicher nicht der Grund für den Klassenerhalt, aber vom Gefühl her wurden die meisten 50:50 Entscheidungen gegen Darmstadt getroffen, was Lieberknecht auch zu seinem „Cluburlaub“ Vergleich gebracht hat. Die beiden Entscheidungen, die den Saisonverlauf sicher am stärksten beeinflussten waren der Platzverweis gegen Gladbach und das aberkannte Tor in Bremen.
Gif
Ich habe ein bisschen nach Gifs gesucht, wo Leute hinfallen. Aus Fansicht fühlte sich die Saison so an, wie das Spiel für das Kind im weißen Shirt: https://media.giphy.com/media/v1.Y2lkPTc5MGI3NjExejhudG83b2F6dDA4OTk2OGV2ZDdna24yMjBhbnh6eTcxOTZoam9oOSZlcD12MV9pbnRlcm5hbF9naWZfYnlfaWQmY3Q9Zw/CANQcbL6B28pi/giphy.gif
MVP, Unsung Hero, Moment
MVP: Kann aus meiner Sicht nur Tim Skarke sein. Einer der wenigen, die diese Saison Bundesligatauglichkeit bewiesen haben und sich vielleicht sogar verbessert haben.
Unsung Hero: Ist für mcih Clemens Riedel, der erst 20 ist und aus der eigenen Jugend kommt und als Innenverteidiger und 6er ordentliche Leistungen gebracht hat, leider aber auch mit einem Beinbruch zwischenzeitlich ausfiel.
Moment der Saison: Wahrscheinlich der 2:2 Ausgleichstreffer im Derby in der Nachspielzeit.
Epilog/Wie gehst weiter?
Es gibt einen großen Umbruch udn Paul Fernie und Thorsten Lieberknecht haben die Möglichkeit einen guten Zweitligakader zusammen zu stellen. Da die zweite Liga schwer und asugeglichen ist, muss dieser ziemlich von Anfang an funktionieren, damit es im Herbst nicht ernsthafte Unruhe und eine echte Trainerdiskussion gibt. Da man sich bisher nicht mit guten Auftritten aus der Liga verabschiedet, kann man auch erstmal keine Zweitliag-Euphorie erwarten, wie es sie manchmal bei Absteigern gibt. Wenn aber die Vorbereitung und der Start in die neue Saison gelingt, dann kann es eine schöne Saison in der zweiten Liga geben. Ich selbst würde eine halbwegs „sorglose“ Saison im Mittelfeld gerade ungesehen nehmen. Hierfür braucht es aus meiner Perspektive ein klares Spielsystem und eine gut eingespielte Mannschaft, die dann auch einzelne Ausfälle gut kompensieren kann. Hoffen wir mal, dass wir zumindest das Verletzungspech in der Bundesliga lassen - wer es findet, darf es behalten…
Um noch etwas zu schreiben, was vermutlich viele in Darmstadt unterschreiben würden: Egal wie bitter diese Saison war. Am 19. Mai - also dem Tag nach dem vorerst letzten 1. Ligaspiel - jährt sich das „Wunder von Bielefeld“ zum 10. Mal (alleine beim Gedanken an dieses Spiel kriege ich Gänsehaut udn die Eintrittskarte hat bei mir zu Hause einen Ehrenplatz). Wer nur einen Bruchteil der Zeit davor miterlebt hat, hätte wahrscheinlich blind unterschrieben, wenn man ihm/ihr am Tag des Relegationsspiels versprochen hätte: „Die nächsten zehn Jahre spielt ihr nie schlechter als Liga 2 und sogar drei Jahre in der Bundesliga“. Oder um es mit einem großen Philosophen zu sagen, der seine fußballerischen Fussstapfen irgendwo in Mittelhessen hinterlassen hat: „Lebbe geht weider.“