Führungsetage
Schmadtke ist weg und wird ersetzt von Zibung, der früher bereits mit Seoane zusammengearbeitet hat. Allerdings heißt die Position jetzt Sportkoordinator Lizenz, was nach einer formalen Abstufung aussieht, die aber eigentlich nur der realen Ausgestaltung der Position in der letzten Saison folgt - ein Zuarbeiter für Virkus mit weniger eigenen Kompetenzen. Insofern kann ich verstehen, dass Schmadtke das nicht fortführen wollte, denn seine Position war anders angekündigt worden. Zu Zibung kann ich nichts sagen, außer dass er von Seoane geschwärmt hat (was soll er auch sonst sagen?) und dessen ‚klaren Plan‘ gelobt hat (den könnte Seoane ja mal verraten…).
Ansonsten ist jetzt der größte Paukenschlag seit über 20 Jahren geschehen: Schippers hört auf (der Nachfolger ist noch nicht verkündet, könnte aber auch aus der Schweiz kommen). Das ist größer als der Eberl-Abgang, aber besser über die Bühne gegangen: Schippers hat bis zuletzt weitergearbeitet und man hatte schon Gelegenheit nach Nachfolgern zu suchen. Dadurch könnte nun allerdings auch eine finanzielle Schlagseite drohen, wenn der Nachfolger nicht auf dem Niveau von Schippers ist. Das ist allerdings reine Spekulation und bleibt abzuwarten. Ggf. stärkt das Virkus Position in der Führung, was man durchaus kritisch sehen kann (habe ich hier schon ein paar Mal ausgeführt).
Kader
Heute kam die frohe Nachricht (aus Sicht der Kaderentwicklung), dass Kramer und Gladbach sich trennen. Das ist gut und wichtig für eine mögliche Weiterentwicklung. Neuhaus, Elvedi und Koné sind noch da. Koné soll und will gehen, aber noch ist nichts konkret und es bleibt abzuwarten was sich da noch bewegt und wie viel Geld man einnehmen kann. Neuhaus scheint außen vor zu sein, ist nicht mehr Vize-Kapitän und für ihn wird man wohl kaum einen Abnehmer finden. Elvedi ist in den Mannschaftsrat berufen worden und wird wohl bleiben, was man angesichts seiner sportlichen Entwicklung negativ sehen kann (und sollte), aber natürlich ist nicht vorherzusehen, ob er sich nicht noch einmal weiterentwickelt und im Unterschied zu Neuhaus dürfte er weiterhin Einsätze bekommen.
Mit den drei Neuen (Stöger, Sander und Kleindienst) hat man sich Erfahrung und zumindest das Versprechen auf kämpferisches Spiel dazugeholt - Kleindienst ist auch gleich in den Mannschaftsrat aufgerückt. Reitz wurde sinnvollerweise der Rücken gestärkt und deshalb ist er jetzt ebenfalls im Mannschaftsrat. Ansonsten kann man natürlich z.B. weiterhin die AVs als Problemzonen sehen, aber tatsächlich ist gewissermaßen konsequent (im Sinne der Weiterentwicklung von Spielern) Netz und Scally Vertrauen zu schenken. Um Hack wurde zwischendruch spekuliert, aber gerade zeichnet sich kein sofortiger Wechsel ab. Die Kleindienst-Verpflichtung gibt auch weiterhin die Breite, um mit zwei Stürmern spielen zu können. Insofern hat man auf dem Papier (wie letzte Saison) zumindest diese Baustelle nicht wieder neu aufgemacht.
Saisonvorbereitung
Ich habe die Testspiele nicht wirklich verfolgt, aber was ich gehört klingt durchwachsen. Es war wohl eher eine rumpelige Vorbereitung, bei der aber zumindest die Ergebnisse erstmal gestimmt haben. Kleindienst scheint bisher eine wirkliche Verstärkung zu sein.
Saisonauftakt
Aue (DFB-Pokal)
Leverkusen (H)
Bochum (A)
Stuttgart (H)
Frankfurt (A)
Union (H)
Aus Gladbacher Sicht hat man die falschen Mannschaften im Borussia-Park zu Gast (außer Union). Allerdings gibt es sowieso keine Teams mehr, bei denen man mit Fug und Recht sagen kann, dass man die eigentlich meistens schlagen muss - jedenfalls wenn man sich nicht der Virkusschen Europa-Ambition verschreibt, sondern nüchtern auf den Trend der letzten Jahre guckt.
Wenn es richtig mies läuft (und das ist auch deshalb nicht abzusehen, weil auch bei den anderen viel passiert ist, aber ich die nicht so verfolgt habe), dann kann man am 5. Spieltag mit 0 Punkten dastehen und ist aus dem DFB-Pokal raus.
Was negativ stimmt
Die Führungsetage ist in Bewegung, Virkus Entscheidungen sind durchwachsen und dann ist da noch Seoane. Ob er wirklich einen Plan hat oder zumindest in der Lage ist die Mannschaft so einzustellen, dass man ordentlich kämpft und ausreichend Punkte mitnehmen kann, um nicht abzusteigen, ist angesichts der Rückrunde hochfraglich. Gleichzeitig ist die Liga letzte Saison spielerisch in Bewegung geraten und es ist vollkommen unklar, ob Gladbach sich daran anpassen kann. Außerdem hat man nicht mehr die finanziellen Spielräume, die man noch 2019 hatte.
Was positiv stimmt
Zumindest auf dem Papier gehen die Verstärkungen in die richtige Richtung. Die Stärkung von Reitz entspricht in meinen Augen der Rollenzuweisung, die ich letzte Saison als Möglichkeit gesehen habe, um das Führungsproblem anzupacken. Gleichzeitig hat die Konstanz auf der Trainerposition auch einen Vorteil: Das erste Mal seit Rose konnte ein Trainer in eine Vorbereitung gehen und kannte den Kader bereits. Der Kramer-Abgang ist wahrscheinlich für das Mannschaftsgefüge sehr gut, Kleindienst eine wirkliche Verstärkung, Omlin und Nicolas sind beide ein guter Rückhalt. Sollte Koné gehen, kommt man womöglich mit einem Plus aus dem Transferfenster. Auf den meisten Positionen ist man eigentlich solide aufgestellt.
Was muss und kann passieren
Der Rückhalt der Fans steht unter einem großen Vorbehalt und war Ende der letzten Saison bereits so gut wie weg. D.h. man hat jetzt kaum noch Kredit. Dem kann man nur dann entgegentreten, wenn die Auftritte nicht mehr so blutleer sind wie zuletzt. Gladbach darf verlieren, Gladbach darf mal dreckig gewinnen - entscheidend ist, dass sie meistens ordentlich gegenhalten. Sollte der Saisonstart miserabel laufen, dann muss man sich auch rechtzeitig von Seoane trennen.
Alles in allem ist ein einstelliger Platz möglich (weil das Mittelfeld in der Liga insgesamt eng beeinander wirkt). Ein Mittelfeldplatz ist möglich. Läuft es schlecht (und das ist wohl der Fall mit dem viele begründet rechnen), dann ist man 34 Spieltage im Abstiegskampf und es kann sehr gut sein, dass man sich in die 2. Liga verabschieden muss.
Für den Fall habe ich eine Bitte an die zweite Liga: Lasst doch Köln und Düsseldorf bitte nicht aufsteigen. Dann können sich die Gladbach-Fans nächste Saison gleich auf vier Derbys freuen!