RaBa Leipzig (m)

Was zu Leipzig zu besprechen ist.

Meine Meinung zu RB

Unter Tedesco:

Die Probleme, die Tedesco in der Vorsaison hatte, waren bekannt und wurden in die Saison 2022/23 übernommen.
Mit seiner defensiven Ausrichtung (Fünferkette) und den Experimenten mit Novoa als RV oder der Nichtberücksichtigung von Schlager machte er sich seine Arbeit selber schwerer.
Sein Abgang war aber dennoch klar eine Entscheidung der Spieler, die ihm nicht mehr folgen wollten.

Unter Rose:

Rose konnte die Jungs erstmal wieder menschlichen fangen, was Tedesco in der Vorsaison auch gelang. Das spiegelte sich dann auch in den 18 Spielen ohne Niederlage wieder.
Aber auch bei Rose kamen später die Probleme des Tages wieder zutage.
Er selbst ist aber flexibler als früher und als Tedesco. Somit konnte er auch zum Saisonende, die Krise nach dem CL-Desaster und den Niederlagen gegen Bochum und Mainz mit 8 Siegen aus 9 Spielen auffangen.

Probleme des Kaders:

Der Kader ist unausgewogen zusammengestellt.
Mintzlaff setzte sehr viel auf einen familiären Kader, es fehlen aber immer mehr Talente (gekauft oder eigene), die passend den Kader erweitern. Diesbezüglich gab es zu viele Fehltransfers (Moriba, Brobbey).
Der Kader altert auffällig. Älteren RB Spielern fällt es schwerer konstant zu spielen.
Große Transfers zünden wenig (Werner; Raum; Silva).
Das größte Problem das Teams ist die Chancenverwertung. Man hat jetzt mehr Chancen als unter Tedesco. Die Verwertung ist aber unter den großen Namen Szoboszlai, Olmo, Werner und Silva nur mittelmäßig.

Positiv:

Blaswich hat Gulacsi hervorragend vertreten. Für viele RB-Fans steht fest, das Blaswich auch der besser Hüter ist. Das wird ein großes Problem für Rose in der neuen Saison.

Die Abwehr, nehmen wir mal City und die Niederlagen zum Ende der Tedescoära aus, stand hauptsächlich wieder sehr gut. In der Liga auf Platz 3 bei den wenigsten Gegentoren. Auch im Pokal wenige Gegentore.

Schlager (kostete nur 12 Mio.) bester Transfer im Sommer. Nur Tedesco und seine Verletzung haben ihn gestoppt.

Die Mannschaft wirkt, trotz kleiner Streits (Nkunku + Werner), sehr geschlossen.

Ziele 2022/23:

Die Quali zur CL war wohl Pflicht. Die hat man erreicht. Mit einem Sieg gegen Schalke, aber auch aktuell souveräner als die Saison davor.

In der CL wollte man mindestens das Achtelfinale. Das Ausscheiden mit einem 0:7 wollte man sicher nicht.

Im Pokal wollte man sicher auch weit kommen. Jetzt ist der Sieg sicher eingeplant.

Zielsetzung 2023/24:

Es könnten viele Stars gehen - Nkunku, Laimer und möglicherweise Olmo, Szobo, Poulsen, Gvardiol und Silva. Zudem sollen keine Leihspieler zurück kommen. Wenn das so eintritt, hätte man wohl über 300 Mio Einnahmen. Das sollte wohl auch mit einem Transferplus ausreichen, um den Kader erneut gut auszustellen.

Es wird aber sicher Zeit brauchen, dass sich der Kader neu findet. Zudem wird Eberl den Kader mehr auf Rose zuschneiden. Mehr RB-DNA. Gerüchte über Skhiri & Openda sind da wohl nachvollziehbar.

Für mich als Fan bin ich mit dem heutigen Stand der Saison sehr zufrieden. Der Pokalsieg wäre noch sehr schön.

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Danke für deinen Input. Aufzeichnung startet in Kürze.

Lieber Max,

in der Hoffnung, dass du kurz Zeit findest dies zu lesen und im Anschluss an das Hören des Schlusskonferenzteiles zu RaBa Leipzig.

Ich selbst lebe seit 20 Jahren in Leipzig und habe beim Roten Stern gespielt (dem richtig richtig engagierten linken Verein in der Stadt) und schaue mir selbst eher Spiele von Chemie an, statt in die Arena zu pilgern. Als Soziologe hat mich das Phänomen allerdings seit Gründung stark interessiert. Insbesondere natürlich unter gesellschaftstheoretischen Gesichtspunkten. Die Einordnung dieses Vereins, die Erklärungen dazu und die Kritik daran, sind mir oft zu oberflächlich und zu eindimensional. Das ganze Thema zeichnet sich meiner Meinung nach vor allem durch eines aus, ein hohes Maß an Ambiguität. Ich selbst bin kein Journalist und habe deshalb kaum etwas in voller Tiefe journalistisch recherchiert.
Kaum verhandelt wird meiner Meinung nach, unter anderen, die Frage, warum RedBull gerade in Leipzig so ideale Bedingungen vorfand. Bedingungen welche alles hergaben für einen Erstligisten. Eine große junge wachsende Stadt nebst Umland ohne Profifußball. Eine Stadt mit weit über 100jähriger starker Fußballtradition, eine moderne ungenutzte zentrumsnahe Arena mit sehr guter Infrastruktur und Anbindung. Einen Flughafen und perfekte Fernverkehrsanbindung. Alles in Leipzig war bereits 1. Liga. Von den beiden verbliebenen Traditionsvereinen hatte sich der „Durchschnittsfan“ bereits frustriert abgewendet. Der VfB Leipzig ging ja bereits in den frühen 90ern insolvent, Chemie (vormals Sachsen Leipzig) war immer mal wieder finanziell fast KO oder ganz KO und innerhalb des Vereins oder der Fanszene zerstritten und LOK Leipzig hat bis heute ein immenses Hooligan- und Naziproblem, welches sich teilweise bis in die Vereinsspitze erstreckte. Die Stadien der beiden Traditionsvereine sind alt und zugig und im „modernen“ Fußball für viele potentielle Stadionbesucher nicht mehr attraktiv.
Funfact am Rande dazu – Chemie und LOK waren noch nie sportlich, organisatorisch und finanziell so gut aufgestellt wie jetzt. Sie haben denke ich enorm von einem Erstligisten in der Stadt profitiert.
Der Niedergang des Leipziger Fußballs kam im Zuge der sogenannten Wende und der Umstellung auf das kapitalistische Wirtschaftssystem der BRD. Auch die Vereine im Osten, mit ihren vormals fast nur auf das sportlich-organisatorisch ausgelegten Strukturen, waren nun gezwungen auf einem Markt in einem Wettbewerb um Spieler, Sponsoren und Zuweisungen zu bestehen. Ihre Konkurrenten aus den alten Bundesländern verfügten auch schon Anfang der 90er Jahre über professionelle Strukturen und waren auch schon damals kleine Unternehmen. Und natürlich taten sie das einzig logische innerhalb dieses Systems: sie versuchten die Konkurrenz aus den neuen Bundesländern zu schwächen und sich selbst durch diese einen Vorteil auch gegenüber der ursprünglichen Konkurrenz zu verschaffen (ironischerweise konnte sich der Werksverein Bayer Leverkusen Anfang der 90er vor allem durch DDR-Stars erst so richtig im deutschen Fußball profilieren). Es wurden Spieler abgeworben und man tingelte mit der A-Mannschaft durch die mecklenburgische und brandenburgische Provinz um die Märkte zu erschließen und neue Fans zu generieren. Der ein oder andere stolze Ostverein wurde währenddessen durch windige Funktionäre in die Insolvenz oder Richtung Zwangsabstieg gewirtschaftet. So wurden die weißen Flecken auf der Fußballlandkarte im Osten der Republik mit der Zeit immer größer und spätestens als auch bei Energie das Licht erlosch und die Kogge in Rostock unterging sah es sehr düster aus. Die Regionalliga Nordost liest sich gegenwärtig wie das who-is-who der alten DDR-Oberliga und kaum ein Club dort spielte nicht schon im Europapokal.
Wenn über die eher schwächere Unterstützung bei Auswärtsfahrten gesprochen wird, sollte man die ökonomische Situation in Leipzig und im Großraum West-Sachsen mitdenken. Auswärtsfahrten sind teuer, ins besondere wenn man Verdienstausfälle durch Freistellungen mitdenkt. Zudem befinden sich hier viele Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen in denen sie eh nur sehr schwer frei bekommen oder einfach auch nur selten fehlen dürfen. Hier als Vergleich Frankfurt, als eine der reichsten Städte Deutschlands, heranzuziehen ist meiner Meinung nach zu kurz gedacht. Stefan Schulz und Wolfgang M. Schmidt gehen im neuen “Neue Zwanziger Salon“ im Rahmen der Buchbesprechung zu Dirk Oschmanns „Der Osten – eine westdeutsche Erfindung“ ebenfalls darauf ein. Die Neuen Zwanziger - Salon
Der Stadionbesuch ist in Leipzig auch immer noch relativ günstig – insbesondere für Bürgergeldempfänger:innen, junge Menschen und Menschen mit Behinderungen.
An diese ökonomischen Aspekte anschließend, kann man denke ich auch anführen, dass Fan von RaBa zu sein auch eine Möglichkeit bietet, sich sozial (ob real oder gefühlt) aufzuwerten. Etliche RaBa-Fans stammen aus prekären Milieus und sich selbst mit der Weltmarke RedBull, erfolgreichen Fußballstars, einer hochmodernen Arena, der 1. Liga und der Championsleague zu verbinden ist sehr reizvoll und hat das Potential etwas von der eigenen Marginalisierung abzulenken. Zudem bietet RaBa ein Angebot von Gemeinschaft auch über verschiedene gesellschaftliche Gruppen hinweg. So wird sich (vom Verein und von den Fans) sehr stark gegen alle –ismen engagiert. Mein ganz subjektiver Eindruck ist zudem, dass dort weniger klassisch männlich rumgemackert wird, was sich auch an den überwiegend auf Support des eigenen Teams ausgelegten Fangesängen festmachen lässt. Man sieht dort viele Familien und viele ältere Menschen (die früher schon zum VfB gegangen sind und den Wechsel ins Bruno Plache Stadion aus Gründen nicht mitgemacht haben).
Unter sozial-psychologischen Gesichtspunkten betrachtet, bietet RaBa eine ganz hervorragende Projektionsfläche für alle anti-modernen und anti-kommerziellen Einstellungen innerhalb der deutschen Fanlandschaft. Was natürlich nicht heißen soll, dass fundierte und knackige Kritik an all dem illegitim ist. Ganz im Gegenteil. Die Teils heftigen Schmähungen RaBa’s ist meiner Meinung nach aber vor allem dafür gut, von der sich immer weiter zuspitzenden Kommerzialisierung des eigenen Lieblingsvereins (auch schon vor dem Einstieg RedBulls) und des eigenen Lieblingssports an sich die Augen zu verschließen. Dass das eigene Stadion den Namen einer Bad-Bank trägt, man einen Unrechtsstaat auf dem Shirt hat oder der Hauptsponsor Tiere in Massen abschlachtet, braucht einen dann weniger zu kümmern. Das Andere zu hassen fällt immer viel leichter. Auch die Clubs nutzen das natürlich geschickt und inszenieren sich durch die Betonung der Abgrenzung als das genaue Gegenteil.
Der natürliche, durch stetiges Engagement und ehrlicher Arbeit gewachsene urwüchsige Verein. Zusammengehalten durch die Liebe seiner Fans. Das die meisten Vereine in ihren Ursprüngen oft fusionierten und sich so einen Vorteil verschafften um regional bedeutsam zu werden, zumeist mehr oder wenige reiche (oder einflussreiche) Mäzene hatten und ökonomisch starke Umfelder hatten und haben spielt in den Köpfen scheinbar kaum eine Rolle.

Zum Ende möchte ich noch einmal wiederholen – ich bin ganz und gar kein RaBa-Fan. Mich nervt nur die, meiner Ansicht nach, so undifferenzierte Kritik daran.

Liebe Grüße,

Simon

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Vielen Dank für den differenzierten Text! Zur Einordnung: Ich bin selbst Kulturanthropologe, komme aus Westdeutschland, wohne jetzt in Sachsen-Anhalt und habe mehrere Jahre in Dresden zu Nationalismus und Rechtsextremismus geforscht. Ich kann viele deiner angesprochenen Punkte nachvollziehen und teile große Teile deiner Kritik an der Kritik, auch wenn ich grundsätzlich keinerlei Sympathien für RaBa hege und dort eben vieles potenziert sehe, was mir am Fußball nicht gefällt - und dazu kommt dann noch ein Springer-eskes Verhältnis zur Wahrheit. Was mir hier allerdings (wie auch im bundesweiten Diskurs) zu kurz kommt, ist die Tatsache, dass Red Bull nicht „irgendein“ Weltkonzern ist, sondern eben der Konzern eines mindestens (!) rechtspopulistischen Mannes, der mit Firmengeldern auch ein mittlerweile eingestelltes rechtes Medienprojekt und einen extrem rechten Fernsehsender finanziert. Denn auch wenn auch andere Vereine problematische Sponsoren und Investoren habe, kriegt das „Der Verein existiert nur, um den Konzern zu pushen“-Argument für mich dadurch ein ganz anderes Gewicht und ich kann mir nur schwer erklären, warum sich selbst als antifaschistisch oder links begreifende Menschen das ignorieren und Fan des Clubs werden - denn anders als bei vielen klassischen „Fankarrieren“ würde ich hier durchaus von einer bewussten Entscheidung sprechen…

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Danke für die sachliche Einordnung.

Muss gestehen ich hatte bei der RaBa Diskussion den Ost-West-Konflikt gar nicht so sehr auf dem Schirm. Also klar, dass es in Sachsen wenig Fußball gab und RB damit fruchtbaren/durstigen Boden gefunden hat schon. Aber dass bei der „Diskussion um RaBa“ angebliche(?) Ost-West-Animositäten eine große Rolle spielen sollen war mir nicht klar – für mich war der Verein eher österreichisch als sächsisch. Oder ist dieser Aspekt eher einseitig aus Leipzig und deshalb reden wir so häufig aneinander dabei?

Disclaimer: War nie bei einem Spiel mit Leipzig und kann daher nicht beurteilen ob das denunzieren der Herkunftsregion über das übliche Maß hinaus geht.

Danke für die tollen Einordnungen. Vielleicht sollte man bei dem Ost-West Gedanken immer im Hinterkopf haben das RaBa es zuerst bei Fortuna Düsseldorf und St. Pauli versucht hat, einzusteigen bzw. diese Clubs zu übernehmen. Erst als das scheiterte sind Sie in den Osten nach Leipzig auf einen " weißen" Fleck der Fussball Landkarte ausgewichen und haben " ganz" unten angefangen…

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Vielen Dank dafür, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, das so schön zusammenzufassen. Ich war in meinem Beiträge leider etwas zu emotional und hatte eigentlich gar nicht die Lust, die Gedanken so aufzugliedern.

Ich werde dazu bestimmt auch noch etwas schreiben, aber einen Gedanke möchte ich gleich teilen. Ich glaube nicht, dass der Stadionbesuch relativ günstig ist. Ich kann das schlecht beurteilen, weil mir dafür die Relationen fehlen. Mein Eindruck ist aber, dass es eher gefestigte Menschen mit stabilen Einkünften sind, die ins Stadion kommen. Ich war im Sachsenpokal gegen Zwickau und dort war dann ein wesentlich ärmeres Klientel anwesend.

Grundsätzlich würde ich mich vielleicht auch nicht als Fan bezeichnen, eher als Sympathisant.Ich freue mich oder ärgere mich über die Leistungen der Spieler, aber es ist nicht meine Leistung, daher berührt es mich emotional auch nur bis zu einem gewissen Punkt. Ich bin bei Lok Leipzig Mitglied und auch noch in meinem Heimatverein. Wenn Lok gegen RB im Pokal spielen sollte, würde ich mich über einen Sieg von Lok mehr freuen als über einen Sieg von RB, weil ich es den Spielern von Lok mehr gönnen würde. Das würde auch für die Spieler der BSG gelten, für alle Amateure.

Ich sehe in der Kritik an RB ebenfalls antimoderne, antiwestliche Züge, bin aber bisher zu faul gewesen, diese Gedanken zu ordnen. Die Kritik bildet so eine Art Dualismus von Verein und Konstrukt. Darin stehen sich die Begriffe von geboren und gekoren, Natur und wider der Natur usw. gegenüber. Der Verein von ehrlichen anständigen Menschen gegründet, das Konstrukt von raffgierigen Geschäftsleuten. Antisemitismus liegt hier sehr nahe, aber nicht nur. Diesen Dualismus findet man dort, wo sich die Menschen als „deutsch“ verstehen sehr oft und er wird zugunsten der erdigen aus sich selbst herausgewachsenen Natürlichkeit aufgelöst. Beispielhaft dafür ist die Erfindung der Nation Deutschland. Die Deutsche Nation ist ein Gedankenkonstrukt, so wie alle Nationen. Dennoch gibt es kein voluntatives Element, Deutsch zu sein, vielmehr ist es determiniert. Es liegt eben in der Natur der Sache, ob man Deutscher ist oder nicht. Das hat sich sehr lange im Staatsangehörigkeitsrecht niedergeschlagen. Dagegen beinhaltete das Staatsangehörigkeitsrecht von Frankreich und den USA noch lange Zeit voluntative Elemente. Es lag eben nicht in der Natur der Sache, ob man Franzose ist oder nicht. Man war es, wenn man sich zur Nation bzw. Revolution bekannte.

Interessant wäre es, die ersten Quellen zur Kritik an RB zu prüfen und wer dann diese Kritik übernommen hat und welche Elemente von Anfang eine Rolle spielten und welche später hinzugekommen und weiterentwickelt wurden. Bricht man die Kritik an RB runter, bleiben zwei Punkte bestehen. RB ist kein Verein und RB wird über einen Konzern alimentiert und trägt kein tatsächlich bestehendes wirtschaftliches Risiko. Letzterer Kritikpunkt bedarf einer Auseinandersetzung, in der Argumente für unterschiedliche Ansichten streiten. Der erste Kritikpunkt führt zu meiner obigen Argumentation. Bei diesem Kritikpunkt geht es nicht um die Entität Verein, denn wie sich Fussballspielende organisieren, das ist eigentlich belanglos. Es geht hier um das Erdige, das Schmecken, das Fühlen, eben das Natürliche und Echte. Die Werdung des Vereinswesens ist hier sehr interessant, da gibt es interessante Bezugnahmen zum Gleichnis vom Ölbaum. Als Jurist kann ich über den Kritikpunkt „Verein“ eigentlich nur lachen, es handelt sich hierbei um einfaches Recht. Die Bestimmungen könnten auch OHGs oder GbRs zulassen. Die Kritiker können hier nicht lachen, denn für sie ist der Verein eben nicht nur ein rechtliches Konstrukt in welchem sich Fussballspielende organisieren, sondern die von der Natur gegebenen Sache. Auf diese Idee würde in England, Frankreich oder USA niemand kommen.

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Ich finde es gut, dass es in Leipzig Champions League gibt. Ich finde es gut, dass wieder im Zentralstadion Fußball gespielt wird, und es ist schön, dass in der Stadt, in der DFB gegründet wurde, der DFB-Pokal gefeiert werden kann. Und ich denke, es geht prinzipiell den meisten Fußballfans so. Leipzig ist eine tolle Stadt, und Fußball passt einfach in die Stadt. Und insgesamt denke ich, dass es den meisten gefallen würde, wenn es mehr Vereine wie in Union und Magdeburg in den ersten beiden Ligen gibt. Der ostdeutsche Fußball gehört in der Tat gefördert, allein deshalb bin ich für einen sicheren Aufstiegsplatz für die Regionalliga Nordost. Und es wäre wirklich ein unglaublicher Traum, wenn es regelmäßig ein Sachsenderby zwischen einer Leipziger Mannschaft und Dresden im deutschen Oberhaus gäbe.

Das wollte ich jetzt einfach mal gesagt haben, denn ich gönne der Region und der Stadt wirklich alles von Herzen.

Mich stört auch nicht die 50+1 Ausnahme und das Konstrukt, davon gibts genug Vereine, die sich sowieso nicht daran halten, mit ihren eigenen Wegen drumherum, und es liegt dann eher an der DFL es ordentlich durchzusetzen. Sie wird am Ende des Tages der größte Leidtragende an den eigenen Verfehlungen haben. Und auch wie nun die Fankultur ist, nichts was mich wirklich ärgern würde, dann mögt ihr halt lieber Helene Fischer als Rock in euren Hymnen, oder was auch immer ihr macht.

Aber was mich echt wirklich besorgt und befremdlich macht, ist die Art und Weise wie sich in Leipzig ein unglaublicher Gedankenpalast aufgebaut wird, und statt Kritik einfach aushalten zu können, daraus ein Politikum zu machen. Jeder Verein wird kritisiert werden, die meisten Fans kritisieren den eigenen Verein sogar am liebsten. Aber nur in Leipzig wird der Klub derart politisiert, dass er stellvertretend für die Verteidigung der vermeintlichen Unterdrückung der Ostdeutschen stehen soll. Dass man Leipzig nur deshalb kritisiert, weil sie aus Ostdeutschland sind, das ist wirklich eine Wahrnehmung, die sehr an der Realität vorbei geht. Die wenigsten kritisieren Leipzig überhaupt, und wenn dann kritisieren diese Personen auch alle anderen Vereine mit ähnlicher Erscheinungsform, und haben gleichzeitig ein gutes Wort für Union und Magdeburg und auch Dresden übrig. Also daraus eine Anti-Ost-Tendenz abzulesen, fällt mir richtig schwer. Und Dresden ist auch stolz auf ihre Stadt, den Verein und ihre Region und erhält auch viel Sympathie an sich, solange es nicht in Feindlichkeit gegenüber irgendetwas Fremdes umschlägt, die da immer mitschwingt.

Es ist einfach nicht angenehm, dass wenn auch immer nur eine bisschen Kritik an dem RaBa-Weg auftaucht, es direkt ein Kampf auf Leben und Tod wird. Die Kritiker werden nicht verstummen, noch werden die Fans aufhören, ihren Verein zu unterstützen. Aber so heftig, wie manche RaBa-Krieger auftreten, in der Vorstellung, sie würden ihre Heimat verteidigen, dann tun mir die eher leid, dass sie doch eher Teil einer Zinnsoldatenarmee sind, die die Interessen eines ausländischen Milliardärs schützen, der auch nur das Leid des Ostens in seinen Vorteil ummünzt.

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Ich finde die Einordnung von Phil hier sehr wichtig. Leipzig war nicht erste Wahl. Auch ist Leipzig keine Stadt mit Umland ohne Profifußball. Der Hallesche FC ist direkt vor der Tür. Leipzig befindet sich auch im Einzugsgebiet von Dynamo Dresden, dem Chemnitzer FC, dem FSV Zwickau, dem FC Carl-Zeiss Jena und Rot-Weiß Erfurt. Das sind alles Traditionsvereine mit teilweise großer und ruhmreicher Geschichte, mit vielen Fans und im Fall von Dynamo mit bundesweiter Strahlkraft - all das trotz der sportlich schwierigen Situation dieser Clubs.

Red Bull hat nur etwas versprochen und bietet jetzt an, was niemand sonst versprechen oder garantieren kann: Erfolg. Auch wenn wir Fußballromantikerinnen das ungern hören wollen, aber Erfolg ist der entscheidende Faktor, um Fans zu gewinnen und Fans zu mobilisieren. Erfolgsfans existieren überall, Red Bull hat das zu seinem Markenkern im Fußball gemacht. Das passt natürlich auch wunderbar ins Bild des Produkts. Es kann in diesem Vereinsbild auch gar keinen Misserfolg geben. Die Top 5 der Liga sind nahezu garantiert, finanziell ist man von allen äußeren Einflüssen frei und auch medial leistet man offensichtlich so „gute“ Arbeit, dass Kommentatorinnen, Moderatorinnen und Expertinnen regelmäßig ausblenden, wie das Konstrukt funktioniert.

Ich finde deine Einordnungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen in Leipzig sehr interessant, frage mich gleichzeitig aber auch: wie sieht das in Dresden aus? Rostock? Magdeburg? Sind die wirtschaftlichen Verhältnisse dort so viel besser, dass sich damit erklären lässt, dass diese drei Teams durch die Bank eine hohe Anzahl von Mitreisenden bei Auswärtsspielen begrüßen dürfen?
Zu dem Punkt der „sich immer weiter zuspitzenden Kommerzialisierung des eigenen Lieblingsvereins“ möchte ich auch noch einwerfern: Fans kämpfen seit mittlerweile Jahrzehnten gegen diese Entwicklungen an. Das „höher, schneller, weiter“ wird schon von den ersten Ultragruppen in den 90ern und 2000ern kritisiert und bekämpft. Zuallererst immer im eigenen Verein. Die Reaktionen der Kurven auf die Abstimmung zum DFL-Investor waren da deutlich. In Freiburg wird das noch ein Nachspiel für Oliver Leki auf der nächsten Mitgliederversammlung haben. Die Vereinigung Pro Fans (früher Pro 15:30) hat über zwanzig Jahre lang diesen Kampf über die Vereinsgrenzen hinweg organisiert. RaBa ist das natürliche Feindbild dieser Bewegung. Ohne Ausnahmeregel und mit nahezu unlimitierten Mitteln kann ein Unternehmen da tun und lassen, was es will. Wenn sowas Erfolg hat, warum sollten die nächsten Superreichen es nicht auch probieren? Welchen Wert hat die 50+1-Regel, wenn sie so einfach umgangen werden kann? Diese Regel macht den Unterschied aus zwischen demokratisch organisierten Vereinen und den Ausnahmen und Umgehungen. Das ist auch ein demokratisches Problem, wenn wir erlauben, dass Demokratie eben nicht für alle gilt. Wo bleibt bei all diesem kapitalistischen Treiben der sportliche Wettbewerb und seine Grundidee, dass wir nicht wissen, wie das Spiel enden wird? Wie sollen Fans ihren Club davon überzeugen, den Stadionnamen nicht an irgendeinen Immobilienhai zu verkaufen? Diese und mehr Fragen finden sich auch im Tribünengespräch zur Zukunft des Fußballs.

Zum vorletzten Punkt noch: ich finde, dass auch hier wieder die kritische Auseinandersetzung von Fans mit ihren eigenen Vereinen unterschätzt und verkürzt dargestellt wird. Fans setzen sich sowohl mit der eigenen Vereinsgeschichte als auch mit früheren und aktuellen Geldgebenden kritisch auseinander. Die Südkurve München hat das Engagement von Qatar Airlines zu einem bundesweiten Thema gemacht. In Augsburg und Regensburg sind es Ultras, die die Machenschaften von Investoren aufgedeckt haben. In Bremen wird sowohl gegen den Hauptsponsor als auch den Namenssponsor des Stadions permanent protestiert. Auch mit dem kommenden Hauptsponsor hat man sich umgehend kritisch beschäftigt und diesen dazu gebracht, die NS-Zwangsarbeit im eigenen Unternehmen aufzuarbeiten und dazu Stellung zu beziehen. Bei all diesen Beispielen kämpfen Fans wieder gegen die Macht des Geldes an. Wie schwierig das ist und wie wenige kleine Erfolge dabei maximal erreicht werden können, sollte uns alle viel mehr frustrieren.
In Leipzig wird das Unternehmen ja auch kritisiert. Der Unterschied ist hier aber, dass die Fans keinerlei Macht besitzen. Deren Engagement ändert nur was, wenn das Unternehmen das auch will.

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Zu dem Punkt auswärtsfahrten würde ich gerne was Anmerken
Als ehemaliger Rostocker der einige auch ältere Fans und deren Geschichten kennt
Weil Hier geht es auch um Strukturen die erst wachsen müssen

Mit Rostock auswärts fahren, war für ältere Bekannte von mir eine Möglichkeit in der DDR Freiheit zu erleben und zu saufen und sich zu prügeln, da dies so halbwegs geduldet wurde

In den 90gern hattest du das relativ günstige Wochenendticket, du konntest dir die alten Bundesländer anschauen und Stadion war noch nicht so Teuer und es bot eine Ablenkung zu dem Niedergang der neuen Bundesländer

Hinzu kommt, dass viele Menschen wegzogen, ihren Verein aber im Herzen behielten(die meisten Hansafans leben vermutlich in Berlin), sprich, die gehen natürlich gerne nach Stuttgart zum spiel, wenn der Heimatverein mal da ist

Und das alles hat Rasenball halt noch nicht
Das wird sich erst langsam entwickeln müssen
Und international…
Es ist halt teuer mal eben nach Glasgow zu fliegen(weil war ja das bsp im Roayl) und Glasgow hat einfach nicht mehr das Prestige wie anno dazumal(man wird da keinen Mbappe sehen)
Wenn z.b. Rostock regelmäßig international spielen würde, ich würde nicht auf viele Fans wetten, die in der 2. Oder 3. Saison dann noch nach Tiflis fliegen oder so, wenn man dafür erst mal nach Berlin gurken muss um dann noch da hin zu fliegen

Großartiger Beitrag Simon!!!

Insbesondere die Geschichte unserer schönen Stadt (Max war ja bei der Lesung vor kurzen auch sehr begeistert) und natürlich das wirtschaftliche.

Ich war ja letztes Jahr im Royal und habe da auch nach Worten gerungen, wie ich es Max am besten erklären kann. (Das blöde war da, das wir den Pokal gewonnen hatten und ich fix und fertig war, so wie es Tobi bei der Aufzeichnung ging)

Egal, meine Dauerkarte kostet mit CL über 600 Euro. Wenn ich jetzt schreiben würde wieviel Prozent das vom Gehalt sind, werden einige nicht in den Schlaf kommen. (Ja, das hat auch Ralf Rangnick damals mit dem Spruch unterschätzt)

Ich fahre in der Liga sehr wenig auswärts, weil der Aufwand für mich viel zu hoch ist. Jedoch nehme ich die CL gerne mit verbunden mit Städtereisen wie diese Saison Warschau und Manchester (Dies sogar mit dem Schiff) Ein Traum, aber kostet Geld und Zeit mit 7 Tagen Urlaub.

Und dies wird einigen so gehen. Das dauert alles noch ehe man an dem Punkt ist, die größeren Blöcke in den Bundesligastadien zu füllen.

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Ich glaube es liegt in der Natur der Sache. Als Frankfurter würde ich bei Kritik am Deutsche Bank Park zwar auch auf die eigene kritische Auseinandersetzungen verweisen, aber dann vielleicht auch eher eine verteidigende Haltung einnehmen und argumentieren warum ich jetzt nicht die Eintracht boykottiere.

Zudem wird Kritik sicher nicht immer so differenziert geäußert, wie wir es hier in der Regel versuchen, und dann stehen auch nicht immer so viele Gedankengänge dahinter.

Wie schnell sich das hochschaukelt, siehe Royal Thread. So habe ich z.B. in meinem ersten Beitrag (aus meiner Sicht) sachlich versucht ein Grundproblem beim Reden über RB Leipzig darzustellen und warum man es nicht einfach weglassen kann, habe mich dann aber so über eine Antwort und deren Ton geärgert habe, dass ich dann auch emotional geantwortet habe. An der Stelle aber auch Verständnis für RB Fans, welche auch in dem Thread schon „RaBa-Krieger“ genannt wurden. Womöglich spiegelt sich auch da nur die Emotionalität, welche ihnen entgegengebracht wird. Und irgendwann wird legitime Kritik in der Wahrnehmungen auch automatisch mit stumpfen Anti-RB Parolen assoziiert.

Ich denke die wenigsten wollen Raba Fans ihr Fan sein absprechen. Aber der Vergleich mit Wolfsburg und Leverkusen tut dies ja auch nicht. Auch dort gibt es Fans, aber es hat sich gezeigt, dass sich trotz Erfolg eine breitere Fanbasis nur bedingt aufbauen kann. Meiner Meinung nach eine Frage der Umstände.

An der Stelle ein kurzer Einschub. Eine organisierte Fanszene ermöglicht sozial schwächer gestellten Fans auch einiges und Fans die sich mal eben mehrere internationale Auswärtsfahrten leisten können entstammen oftmals einer jugendkulturell geprägten Fanszene. Red Bull hat bereits in Salzburg viel unternommen um Ultragruppierungen zu vergraulen und viele Statenents auch von anderen Fanclubs bezüglich der FreeLina Pyro deuten ja darauf hin, dass es eine jugendkulturell geprägte Kurve eher unerwünscht ist.

Es kann sehr gut sein, dass ich mich täusche und es doch bald gut gefüllte Gästeblöcke gibt in denen eher familienfreundlicher ZDF Fernsehgarten, statt Rockfestival Stimmung vorherrscht.

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Ui LBBDK - cool das du das nochmal ganz zentral aussprichst! Völlig richtig und wichtig und definitiv ein großer zusätzlicher Kritikpunkt! Der - wie du auch schon geschrieben hast - oft unerwähnt bleibt.
Allein die Gründung dieses Propagandasenders Servus TV… :confused:
Aber auch wieder spannend dann - aus der RaBa-Kurve kommen dann eher Antifaschstische Aktionen und Statements - gerade auch zu aktuellen Ereignissen.

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Die RaBa-Fanschaft scheint ja sehr divers zu sein, was an sich gut klingt, aber irgendwie auch nicht zusammenpasst. Einerseits soll es Einstieg für Fans sein, denen die anderen Bundesligisten zu krawallig sind, also gerade Familien, die neben der Nationalmannschaft auch gerne verständlicherweise und zurecht, auch einen Verein haben wollen, aber mit den ganz vielen Vereinen der Bundesliga nichts anfangen konnten, weil sie eben für eine etwas traditionsreiche/altmodische/geschlossene Art des Daseins sind, und man am Ende des Tages primär eine gute Samstagnachmittagunterhaltung mit Familie sucht.

Gleichzeitig sieht man aber auch in Leipzig Pyro, als größtes Symbol für die ungehörigen altmodischen Krawallfans, dann auch. Wie wird denn mit diesem Zwist umgegangen?

Dann gibts aber auch jene, die in RaBa den Aufstieg des Ruhms Sachsen in Deutschland und die Rache am Westen für die verpassten Chancen der Wende sehen und sich daran freuen, jedem der nicht so ist wie sie, eins auszuwischen und in jede Diskussion reinzutrollen. Und die eben auch kein Problem damit haben, gleichzeitig RaBa-Fan zu sein und auch AfD zu wählen, eben aus ähnlichen Motiven. So richtig schafft es der Verein ja nicht, wahrscheinlich auch ob der Gründung und den Verknüpfungen im Konzern, sich dahingegen dagegen zu positionieren, dass man solche Menschen nicht will.

Und dann eben jetzt noch die Fans mit antifaschistischen Statements, die gegen die eigenen Gründer wettern?

Irgendwie kann ich mir nicht wirklich erklären, wie diese Richtungen alle unter einen Hut passen. Aber ok, Leipzig spielt halt auch so erfolgreich Fußball und wird es wahrscheinlich auch immer tun, ob ihrer besonderen Mitteln, auch immer tun. Entsprechend heizt sich die Stimmung unter den Fans auch nie auf, da der Hauptgrund für alle, nämlich guten Fußball aus der eigenen Region zu sehen, geliefert wird. Außerdem haben Fans bei RaBa halt auch nur eine passive Rolle, was die Ausrichtung des Vereins angeht, und sich nur Einbringen können, wenn es um das Anfeuern der Mannschaft geht, das heißt, es kann auch durch diese Fronten, wie man sich den Verein eigentlich vorstellt, nie wirklich ein Konflikt im Verein durchbrechen und am Ende hält man halt über alle einen Deckel drauf, da man ja froh ist, dass man zusammen auch erfolgreich Fußball erlebbar machen kann?

Oder gibt es da mehr im Hintergrund, von dem man als Außenstehender keine Ahnung hat?

Wenn du es in einem 1000 Wörter Beitrag nicht schaffst, auch nur ein einziges Mal auf 50+1 einzugehen, empfindest du die Rabakritik evtl. gerade deshalb als undifferenziert, weil du nicht ausreichend im Thema bist. Dann würde ich es mir persönlich allerdings verkneifen, andere Perspektiven öffentlich als undifferenziert abzutun.

Die Kritikpunkte auf die du eingehst, wie übertriebene Kommerzialisierung und das Vorhandenseins eines Mäzens sind natürlich für sich betrachtet legitim, aber nicht der Kern der Rabakritik. Der Kern der Kritik ist nämlich, dass Raba sich durch die kreative Umgehung von 50+1 einen Platz in der Bundesliga erschlichen hat, den es eigentlich niemals hätte bekommen dürfen. Durch Gründung eines „Vereins im Verein“, wo nur Familienmitglieder des Eigentümers und hochrangige Manager des Konzerns eintreten dürfen, wurde der Grundgedanke des Mitgliedergetragenen Vereins der DFL besonders perfide mit den Füßen getreten.

Ja, ähnliches trifft auch auf Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim zu. Aber bei allen drei gibt es relativierende Faktoren. Wolfsburg und Leverkusen wurden ursprünglich als Werksclubs gegründet und nicht als Marketingabteilungen. Es war ein historischer Fehler, die beiden 50+1 Ausnahmen zu genehmigen, aber sie waren eben schon vor 50+1 da und bieten dementsprechend weniger Angrifssfläche. Auch Hoffenheim hält sich an die Regeln für 50+1 Ausnahmen, weil Hopp 20 Jahre Sponsoring nachweisen konnte bevor er den Verein übernommen hat. Außerdem ist Hoffenheim in der Außenwirkung mehr ein privates Spielzeug eines Milliardärs (sozusagen eine fußballspielende Superyacht). Der Gründungszweck war es nicht, eine Werbeplattform für sein Unternehmen in die Bundesliga zu manövrieren, sondern Profifußball in seiner Heimat zu etablieren.

Natürlich sind aus Sicht des fairen Wettbewerbs auch die drei anderen 50+1 Ausnahmen nicht sonderlich geil, weil sie durch finanzielle Tricks wie Bilanzausgleich etc. fundamental anders arbeiten können als die normalen Vereine und dadurch einen extremen Wettbewerbsvorteil haben. Aber der Grund, warum Raba bei den Traditionalisten diese ganz besondere Ablehnung erfährt ist die Tatsache, dass es alles Schlechte der anderen 50+1 Ausnahmen in sich vereint:

  • der Gründungszweck von Raba war es nie, Fußball zu spielen, sondern eine exklusive Werbeplattform für den Eigentümer in der Bundesliga zu etablieren. Profifußball als Notwendigkeit für Marketing und nicht Marketing als Notwendigkeit für Profifußball.
  • man hat sich nicht an den vorgesehenen Weg zur Etablierung einer 50+1 Ausnahme gehalten, sondern von irgendwelchen bodenlosen global agierenden Unternehmensberatungen ein Loophole ausfindig machen lassen.
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Ich empfinde das Ziehen der Ost-West Karte in der Kritikdarstellung auch für wenn überhaupt eher nebensächlich. Denn die Kritik an dem was in Leipzig dort „erschaffen“ wurde hat doch überhaupt nichts mit dem Standort zu tun. Denn wie die vorherige Suche gezeigt hatte, war dieser doch beliebig und hätte genauso gut im Norden, Süden oder Westen der Republik sein können. Ich höre das auch nicht in meinem Vereinsumfeld, dass das ein wirklicher Punkt ist.
Auch der Verweis auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beim Thema Auswärtsfahrten, Fanaufkommen verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Der Großraum Leipzig ist einer der florierendsten im Osten. Die Stadt wächst, hat große Player wie BMW, Porsche und DHL um sich gescharrt. Im Gegensatz zu anderen Ost-Vereinen die trotzdem eine höhere Fan-Bewegung mitbringen ist man hier sicher nicht im Nachteil. Zudem hat man einen Flughafen direkt vor der Haustür. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Mehrheit der reisenden Fans aus Bochum, Gelsenkirchen oder auch Dortmund aus vermögenden Akademikern besteht, für die das ganze nur eine Kleinigkeit ist.
Hauptpunk der Kritik ist und bleibt der Zweck aus dem dieser Verein besteht, wie er in die Bundesliga gehievt und durchgewunken wurde als auch die Art und Weise wie das Narrativ des „Aufsteigers“ zelebriert wird. Beim zweiten Punkt ist nicht mal nur RaBa Schuld, hier dürfen sich NOFV und DFL schön angesprochen fühlen. Ebenso die Märchen bezüglich den Beziehung speziell zum Farmteam nach Salzburg sind Sachen die Fans triggern, weil einem doch so offensichtlich ins Gesicht gelogen wird. Multi-club-ownership ist im europäischen Fussball leider keine Seltenheit mehr, aber in der Bundesliga nun mal in der Form nicht vertreten, eben wegen 50+1. Das Leipzig als Nutznießer einer solchen Verbindung dann mit einem weiteren Punkt im Kreuzfeuer der Kritik steht, darf dann bitte auch niemanden wundern.

Gleichzeitig muss man aber auch eine gewisse Ambivalenz in dem Thema aushalten können. Sportlich hat das alles Hand und Fuß, darüber sollten sich andere Traditionsvereine Gedanken machen, die Dank Misswirtschaft und Geklüngel jetzt irgendwo in der 2. 3. oder Regionalliga dümpeln. Als familiärer Anlaufpunkt sind die beiden anderen größeren Vereine der Stadt leider ungeeignet. Infrastruktur und hauptsächlich in teilen etwas problematischere Fanszene spielen hier genauso eine Rolle wie bei den direkten Nachbarn in Halle oder Dresden. Wenn man wirklich einfach nur Fussball sehen will, hat man mit dem durchgestylten Produkt im Zentralstadion beste Voraussetzungen einen recht entspannten Nachmittag / Abend zu verbringen. Das könnte ich der Einzelperson auch niemals vorwerfen, bzw. halte persönliche Kritik in solchen Fällen auch für völlig falsch adressiert. In anderen Stadien der Bundesliga gibt es auch mehr als genug die einfach nur Fussball schauen wollen.
Ich denke aber, der Zeitfaktor wird hier nicht so großartig etwas ändern. Selbst wenn RaBa in 10 Jahren vielleicht doppelt so viele Auswärtsfans hat oder noch mehr. Die Grundlage an der Kritik des Vereins wird immer der Gleiche bleiben und das Konstrukt von den aktiven Fanszenen der anderen Bundesligisten (ausgenommen der Werksvereine) auch dauerhaft abgelehnt werden. Das Einzige was RaBa in der Hinsicht „retten“ würde wäre das Fallen von 50+1. Denn wenn wir die Investoren komplett in den Profi-Bereich reinholen, dann wird RaBa eher früher als später nur einer unter vielen Werbeträgern oder Sportswashing-Spielzeugen sein.

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„in teilen etwas problematische Fanszene“ ist für die krassen Überschneidungen von nicht geringen Teilen der aktiven Fanszene in Halle und Dresden mit der militanten Neonaziszene im Übrigen noch sehr beschönigend ausgedrückt (gleiches gilt für deren jeweiligen Freunde aus Erfurt bzw. Zwickau und erst Recht für LOK). Nicht zu diesen Vereinen gehe zu wollen, kann man wirklich niemandem vorfwerfen, ganz im Gegenteil.

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Insgesamt ein sehr guter Beitrag. Das Narrativ mit den chaotischen Traditionsvereinen und gut arbeitenden Raba finde ich aber problematisch.

Kein Traditionsverein hat über knapp ein Jahrzehnt einen Top3 Etat zur Verfügung gehabt und ist damit sportlich krachend gescheitert. Genau das ist ja der große strukturelle Vorteil der 50+1 Ausnahmen. Bei normalen Vereinen passt sich der Etat ziemlich schnell dem sportlichen Erfolg an, während die 50+1 Ausnahmen über sportliche Täler hinweg mit hohem Etat wirtschaften können und dadurch im Gegensatz zu den normalen Vereinen einen Hebel besitzen, den sportlichen Erfolg zu erzwingen.
Weiterhin hat Raba zusätzlich zum Top3 Etat ja wie du richtig feststellst auch noch weitere Annehmlichkeiten in Form von Farmteams auf der ganzen Welt, die man nicht direkt in einen monetären Wert umrechnen kann.

Dementsprechend würde ich die Erzählung vieler Sportmedien über die gute Arbeit bei Raba ins Reich der Märchen schieben. Von den Rahmenbedingungen MUSS Raba jede Saison auf Platz 2 hinter Bayern stehen. Das schaffen sie mal mehr und mal weniger. Also kann man vielleicht sagen, dass die geleistete Arbeit bei Raba nicht desaströs ist. Aber wirklich gut ist sie ebenso wenig.

Abschließend ist es noch wichtig einzuordnen, dass Raba nicht im luftleeren Raum stattfindet. Teil der Realität ist es, dass die 50+1 Ausnahmen den normalen Vereinen die Möglichkeit auf CL-Einnahmen blockieren. Früher konnten normale Vereine durch gute Arbeit auf die EL-Plätze kommen, den Etat etwas erhöhen, auf die CL-Plätze kommen, den Etat weiter erhöhen, sich in der CL festigen. So wie Dortmund Anfang der 2010er. Sobald sportliche Entscheidungen nicht passen, fällt man aus den internationalen Plätzen und muss den Etat wieder reduzieren. Ein stetiges Klettern und Zurückfallen auf der Leiter.

Mittlerweile hast du zwischen Bayern/Dortmund und den restlichen normalen Vereinen aber einen Puffer von vier 50+1 Ausnahmen, die nominell jede Saison in den Top6 stehen müssen und damit den Zugang zu den finanziell immens wichtigen internationalen Teilnahmen blockieren. Es hat ja einen Grund, warum Freiburg und Union nach überzeugenden Top5 Platzierungen für die nächste Saison wieder das Ziel Klassenerhalt (aka Platz 15 aufwärts) ausgeben. Weil du als normaler Verein gar nicht mehr aus eigener Kraft die Top6 anstreben kannst, sondern immer auf das Scheitern mehrerer 50+1 Ausnahmen angewiesen bist.

Oder anders ausgedrückt: Raba nimmt durch seine Existenz jede Saison…

  • einem Verein den CL-Platz weg,
  • einem zweiten Verein den EL-Platz weg,
  • einem dritten Verein den ECL-Platz weg
  • und einem vierten Verein den Platz in der Bundesliga weg.

Also verfehlen durch die bloße Existenz von Raba vier(!!) normale Vereine automatisch ihre Ziele, nur um anschließend vom boulevardesken Teil der Sportpresse als „ChAoSvErEiNe hAbEn iHrE ZiELe vErFehLt, 1FaCh bEsSeR aRbEiTeN“ betitelt zu werden.

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In Leipzig leben 620.000 Menschen. Die Stadt ist jung und studentisch geprägt. Hier gibt es nicht nur Fußball, auch Handball, Volleyball, Judo etc. Es ist die größte Stadt Ostdeutschlands und stand 1987/88 im Finale Cup Winners Cup. Im folgenden Jahr ausgeschieden gegen Marsdonnas Neapel. Die Leute halten Leipzig für den Nabel der Welt.

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